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"Lottosechser für die Branche"

Von Petra Tempfer

Wirtschaft

Ab 1. April müssen alle Registrierkassen manipulationssicher sein. Derzeit ist es höchstens die Hälfte.


Wien. Als Lottosechser bezeichnet Markus Knasmüller die Registrierkassenpflicht. Das gilt vermutlich nur für seine Seite - Knasmüller ist Prokurist beim Kassenhersteller BMD. Das Geschäft blühe. Bei BMD hätten sich die Umsätze im Geschäftsfeld Kassen seit Ende 2015 mehr als verdoppelt, die Mannschaft habe sich vervierfacht. Die Zahl der Hersteller ist in dieser Zeit von insgesamt 200 auf heute 600 gestiegen. Die Firma Eltron, die Kassensysteme verkauft, habe sechs Mal so viele Kunden wie vor zwei Jahren, sagt auch Firmenchef Markus Zoglauer. "Wir haben Schichtbetrieb eingelegt. Allein vorige Woche haben wir über 1000 Anrufe mit Fragen bekommen."

400.000 Registrierkassen

Die Reaktionen der anderen Seite, jener der Unternehmer, sind alles andere, als hätte man das große Los gezogen. Im Vorjahr musste sich jeder, der über Barumsätze von mindestens 7500 Euro und einen Gesamtumsatz von 15.000 Euro pro Jahr verfügt, eine Registrierkasse anschaffen. Ab 1. April muss diese manipulationssicher sein.

Dafür sind eine technische Sicherheitseinrichtung, also ein Update der Kasse, und eine Signaturerstellungseinheit (Registrierkassenkarte mit Lesegerät) notwendig. In der Praxis sieht man den Manipulationsschutz als QR-Code auf der Rechnung, der die Signatur des Unternehmers und eine fortlaufende Nummer beinhaltet. Karte und Lesegerät kosten insgesamt zwischen 15 und 60 Euro. An Registrierkassen gibt es Varianten via App ab 10 Euro monatlich bis zu tausende Euro teure Kassen.

Dass bis 31. März, also diese Woche Freitag, alle Kassen umgestellt sind, gehe sich aber mit Sicherheit nicht aus, sagt dazu Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer. Die Betroffenen hätten erst gegen Ende des Vorjahres über sämtliche Details Bescheid gewusst.

Insgesamt gebe es österreichweit rund 400.000 Kassen - derzeit sei höchstens die Hälfte umgestellt. Die mit dem Finanzministerium Anfang des Jahres gefundene Lösung habe jedoch Druck herausgenommen, so Thalbauer zur "Wiener Zeitung": Wenn Unternehmer ein Update auf die Vorschriften der Registrierkassen-Sicherheitsverordnung bis 15. März bestellt haben, die Registrierkassenlieferanten aber nicht rechtzeitig liefern konnten, ist Straffreiheit möglich. Grundsätzlich liegt der Strafrahmen bei bis zu 5000 Euro. Nehmen Kunden einen Beleg nicht mit, machen sie sich nicht strafbar.

Idee besteht seit 2014

Von den Wiener Betrieben, von denen 65.000 der Registrierkassenpflicht unterlägen, hätten etwa 40 Prozent ihre Kasse auf den Manipulationsschutz umgerüstet, heißt es von der Wirtschaftskammer Wien (WKW). Mit dem mehrere Stunden dauernden Update der Kasse allein ist es aber noch nicht getan. Nach der technischen Umrüstung müssen die Unternehmer respektive deren Steuerberater die Kasse über FinanzOnline, das E-Government-Portal der Finanzverwaltung, registrieren. Erst dann besteht 100-prozentiger Manipulationsschutz. Und dieser ist der WKW zufolge erst bei 20 Prozent der Kassen gegeben. Österreichweit ist laut Finanzministerium ein Viertel registriert.

"Viele tun sich dabei irrsinnig schwer", sagt auch Thalbauer. Manche seien einfach nicht so Internet-affin, andere - etwa Unternehmer mit Migrationshintergrund - seien damit rein sprachlich überfordert.

Schon 2014 war das Wort Registrierkassenpflicht zum ersten Mal gefallen. Die SPÖ hatte diese im Rahmen eines Reformvorschlags gefordert - mit dem Ziel, Schwarzverkäufe ohne Rechnung zu verhindern. 500 Millionen Euro versprach man sich damals davon, möglich wären bis zu einer Milliarde Euro, hieß es. Eine weitere Milliarde Euro erwartete sich die SPÖ durch höhere Konsumausgaben der entlasteten Lohnsteuerzahler. Vor der tatsächlichen Einführung 2016 kam das Finanzministerium auf erwartete 900 Millionen Euro Mehreinnahmen und hält bis heute daran fest. Wie viel es im Vorjahr tatsächlich waren, lasse sich nur schwer sagen, heißt es aus dem Ministerium, weil 2016 ein "Rumpfjahr" gewesen sei.

Geht es nach dem Linzer Betrugsexperten Friedrich Schneider, ist diese Summe "eine kühne Annahme", die so nicht eintreffen werde. Er rechnet heuer mit Steuer-Mehreinnahmen von 180 bis 200 Millionen und 2018 mit 300 bis 400 Millionen Euro. Im Vorjahr dürften es "großzügig gerechnet" 100 bis 120 Millionen Euro gewesen sein. Und dennoch: "Wenn man zwischen 30 und 40 Prozent des Pfuschvolumens hereinbekommt, ist das schon sehr gut im Vergleich zu anderen Ländern."

Nähere Infos unter: www.wko.at/service/steuern/registrierkassenpflicht-unternehmen.html