Wien. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl schlägt wegen der sinkenden Investitionstätigkeit österreichischer Unternehmen Alarm. Der Anteil der Investitionen am Bruttoinlandsprodukt hat sich in den vergangenen zehn Jahren von zehn auf fünf Prozent halbiert. "Geringere Investitionen bedeuten weniger Modernität und damit weniger Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität", sagt Leitl am Dienstag vor Journalisten. 2016 sei wieder ein Rückgang zu verzeichnen gewesen. Nur noch acht Prozent der Unternehmen haben größere Investitionen getätigt, im Jahr davor waren es noch zwölf Prozent. "Es steht genug Geld zur Verfügung, aber nicht jeder, der Geld braucht, bekommt es", sagt Leitl.

Das Hauptproblem seien die Sicherheiten, die Banken für Kredite verlangen, die aber nicht jedes Unternehmen mitbringe. Die Folge sei eine Ablehnung oder Kürzung der Kreditwünsche. Laut einer Studie der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und der staatlichen Förder- und Finanzierungsbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) mussten sechs von zehn Unternehmen ihre Investitionen deshalb aufschieben. "Die Regulierung hat sich in vielen Fällen als Strangulierung erwiesen", sagt Leitl.

Innovationsklemme


Am stärksten betroffen sind Klein- und Mittelbetriebe (KMU) und Start-ups. "Vor allem für Ein-Personen-Unternehmen ist es ganz schwierig, eine Bankenfinanzierung zu bekommen", sagt AWS-Geschäftsführer Bernhard Sagmeister. Sie könnten am wenigsten Sicherheiten bieten und würden durch ihre Innovationsfreudigkeit auch das größte Risiko nehmen. Die Folge der Kreditablehnung seien Verzögerungen der Investitionsvorhaben, deren Verringerung oder der Wechsel der Hausbank. "In Summe geht Innovationskraft verloren. Aus einer Sicherheitsklemme wird eine Innovationsklemme", so Sagmeister.

Leitl hat einen Vorschlag, wie die Situation entschärft werden könnte: Die Investitionsprämie für KMU in Höhe von 87,5 Millionen Euro soll in ein Garantieinstrument umgewandelt werden. Hier wäre das Geld besser aufgehoben. Die Banken müssten mit in die Verantwortung genommen werden. Mithilfe des Garantiemodells wären 80 Prozent eines Kredits besichert, das restliche Risiko sollten die Banken übernehmen. Dass diese bei der Vergabe von Krediten an Kleinunternehmen bremsen, hat einen guten Grund, sagt Atanas Pekanov, Experte für das Banken- und Kreditgeschäft beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). "Kredite für Start-ups sind riskant, die Banken müssen seit Basel III dafür mehr Eigenkapital halten." Nach der Finanzkrise habe man sich global auf Maßnahmen geeinigt, die das Finanzsystem stabilisieren, daher könne man den Banken jetzt vorsichtiges Agieren schwer vorwerfen. Ein Garantieinstrument kann laut Pekanov auch wettbewerbsverzerrend sein. "Es hat in der Vergangenheit schon Probleme mit staatlichen Garantieversicherungen gegeben." Auch könnte der Staat darunter leiden, denn wenn dann doch Unternehmen ihre Kredite nicht bedienen können, wären das jene, die eigentlich ein hohes Ausfallsrisiko darstellen.