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Roboter sind für den Tourismus zu ungelenk

Von Thomas Pressberger

Wirtschaft
Roboter, die in Hotels zum Einsatz kommen, sind für viele Gäste furchteinflößend.

Die heimische Reisebranche denkt über den Einsatz von Robotern nach, die Gefahr von skurrilen Situationen ist dabei hoch.


Wien. Gepäckträger in der Schweiz, holografische Auskunftsperson auf englischen Flughäfen oder Rezeptionisten in japanischen Hotels - die Rollen, die Roboter in der Reiseindustrie übernehmen, werden vielfältiger. Wie sehr sich ihr Tätigkeitsbereich ausweiten lässt und ob sie den Personalmangel im heimischen Tourismus lindern können, darüber zerbricht sich die Tourismusforschung derzeit den Kopf. "Hierzulande steht die Entwicklung noch am Anfang", sagt Klaus Bichler, Sprecher der Österreich Werbung. Den Kochroboter, der die Eierspeise zubereite, gebe es zwar schon, aber die Durchdringung sei in diesen spezialisierten Bereichen noch nicht groß. Geschirrspül-, Staubsauger- und Fensterreiniger-Roboter seien ebenfalls im Einsatz, vornehmlich aber im Ausland. Bei der französischen Staatsbahn SNCF und beim Kreuzfahrtunternehmen Aida Cruises kämen Modelle des humanoiden Roboters "Pepper", der mehrere Sprachen beherrscht, zum Einsatz. In Österreich seien lediglich automatische Check-in- und Check-out-Systeme in Hotels, bei denen der Gast Kreditkarte oder Handy verwende, gängig.

Wie weit man Roboter im Tourismus verwende, müsse jeder Unternehmer selber entscheiden. "Wenn man automatisierte Prozesse vereinfachen und sich dadurch mehr dem Gast widmen kann, ist das sinnvoll", sagt Bichler. Wenn ein Gast am Abend in einer Hotelbar noch einen Cognac trinken und ein bisschen Small-Talk führen will, dabei aber von einem Roboter bedient wird, wird sich seine Begeisterung in Grenzen halten. "Es gibt Bereiche, wo sich Roboter nur schwer einsetzen lassen", sagt Bichler.

Angst vor Robotern

Eine weitere Herausforderung ist, dass Menschen nicht immer mit Robotern zu tun haben wollen oder können. "Es gibt von Ingenieurseite die Annahme, dass möglichst menschenähnlich gestaltete Roboter es Menschen leichter machen, mit ihnen in Interaktion zu treten. Das stimmt nur eingeschränkt", sagt Martina Mara, Roboterpsychologin am Ars Electronica Futurelab. Wenn an Hotelrezeptionen oder bei der Reinigung Roboter mit Silikonhaut und Haaren auftauchen, wirke das für viele Menschen gruselig. "Wenn man nicht mehr weiß, ob es sich um einen Menschen oder eine Maschine handelt, wird es schwierig", sagt Mara. Im Urlaub würden menschenähnliche Roboter noch eher funktionieren und als Teil des Entertainments gesehen werden. In anderen Bereichen, etwa in der Pflege, sei das problematischer. "Grundsätzlich sagt uns das Hirn: Maschinen sollen Maschinen bleiben", so Mara.

Roboter, die Empathie zeigen können, werden zwar immer mehr akzeptiert, es können jedoch heikle Situationen entstehen. Ein Beispiel dafür sind Chatbots. Diese "chattenden Roboter", die mehrere Sprachen sprechen, sind grundsätzlich praktisch, sagt Mara. Teilweise würden diese jedoch emotional designt, um auf den Ärger von Kunden reagieren zu können - etwa, wenn die Dusche nicht funktioniert oder die Airline den Koffer nicht mehr findet. "Der Chatbot erkennt zum Beispiel auf einer Skala von eins bis zehn, dass der Ärger des Kunden Stufe acht erreicht hat", sagt Mara. Wenn die Maschine nun mit "Ich verstehe total, dass Sie verärgert sind" antwortet, könnte der Gast vollends ausrasten.

Mensch nur schwer zu ersetzen

Noch eine Gefahr sieht Mara: Die österreichische Tourismusindustrie wirbt stark mit ländlicher Idylle. Roboter, die auf Almen frische Kuhmilch servieren, würden nicht ins Bild passen. In Städten würde deren Einsatz noch eher funktionieren, etwa bei Mobilität.

Den größten Personalmangel erlebt die heimische Tourismusbranche derzeit bei den Köchen im Westen Österreichs, sagt Manfred Katzenschlager, Geschäftsführer der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft. "Das sind Experten, die man schwer ersetzen kann. Dafür braucht es Fingerspitzengefühl und Ausbildung." Intelligente Öfen oder Dampfgarer, die die Arbeit erleichtern, seien vorstellbar, aber abschmecken und servieren könnten Roboter nicht. Für die Tourismusbranche ist das ein Dilemma. "Dort, wo wir Leute brauchen, können uns keine Roboter helfen", sagt Katzenschlager. Neben der Koch-Problematik erlebe die Branche einen starken Rückgang bei Lehrlingen. Deren Zahl sei in den vergangenen zehn Jahren von 15.000 auf 8800 zurückgegangen. "Die fehlen uns in Zukunft", sagt Katzenschlager. Jetzt schon bestünden Engpässe bei Servicepersonal, Zimmerpersonal und Hilfskräften in der Küche.

Digitale Enthaltsamkeit

Der Anteil von digitaler Intelligenz in der Tourismusbranche sei in Österreich generell noch marginal. "Es gibt zwar ein paar Leuchtturmprojekte, aber das ist noch nicht Standard", sagt Katzenschlager. Der Hauptanteil konzentriere sich auf Buchungen, Soziale Medien und digitale Endgeräte. Die Digitalisierung könne im Tourismus in erster Linie ein Mittel für den Hotelier oder den Wirten sein, um sich zeitlich freizuspielen. Es gebe aber auch Alternativkonzepte, die man beim Thema Digitalisierung nicht vergessen dürfe und die in eine ganz andere Richtung gingen, sagt Katzenschlager. Etwa die digitale Enthaltsamkeit, wo Menschen bewusst auf Smartphone und Tablet verzichten würden. Hier gebe es für den heimischen Tourismus viel Potenzial und bereits einige Vorzeigeprojekte.

Persönlicher Touch fehlt

Ob sich Roboter im österreichischen Tourismus im großen Stil einsetzen lassen, bezweifelt Oliver Fritz, Tourismus-Referent im Wifo. "Österreichs Wettbewerbsvorteil ist, dass der Gast persönlich betreut wird. Das schließt den weitverbreiteten Einsatz solcher Technologien aus." Der Geschäftsreisende oder der Lkw-Fahrer, dem es bei der Übernachtung weniger um die persönliche Note als um den Preis gehe, würde ein automatisches Check-in-Check-out-System eher akzeptieren als Urlauber, die Flair und Wohlfühlfaktoren suchen. Digitalisierung sei dort wichtig, wo es um die Angebotsvermittlung gehe, wie Informationsmöglichkeiten im Internet. Das bringe für die Gäste mehr Transparenz, verstärke den Wettbewerb und könne sich auf den Strukturwandel innerhalb der Branche positiv auswirken.