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Hartlauer stellt sich neu auf

Von Thomas Pressberger

Wirtschaft
Die Steuerung des Eigenheims über das Smartphone ist für Hartlauer ein Zukunftsthema.
© Fotolia/TAlex

Hartlauer als Fotolöwen zu bezeichnen, reicht nicht mehr. Gesundheit und Digitalisierung sind die Zukunftsthemen.


Wien. Wie schnelllebig der Einzelhandel geworden ist, zeigt das jüngste Beispiel aus dem Elektrohandel: Der Markt für digitale Kompaktkameras in der Preisklasse bis zu 200 Euro ist vergangenes Jahr zusammengebrochen. 30 Prozent Rückgang verzeichnete dieses Segment 2016, im Jahr davor lag das Minus bei zwölf Prozent. Schuld daran ist der Siegeszug der Smartphones, der die kleinen Kameras obsolet macht. Für die Handelskette Hartlauer wäre das früher eine mittlere Katastrophe gewesen, heute ist es nur eine Veränderung von vielen. Das Unternehmen ist längst breiter aufgestellt und treibt diese Entwicklung weiter voran.

"Hartlauer heute als Foto- und Elektrohändler zu bezeichnen, geht eigentlich völlig am Geschäftsmodell vorbei", sagt Unternehmenschef und Eigentümer Robert Hartlauer. Ein klassischer Elektrohändler, der Braun- und Weißware - also Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte - führt, sei Hartlauer schon seit Jahren nicht mehr. Neben Foto hat er auf die Standbeine Optik, Hörgeräte und Telekommunikation gesetzt. "Manchmal werden wir belächelt, dass wir nicht wissen, wofür wir stehen", sagt Hartlauer.

Betrachtet man aber die wirtschaftliche Entwicklung, so scheint es, dass er genau weiß, was er tut. Der Umsatz ist in den vergangenen Jahren konstant gestiegen, zuletzt von 252,3 Millionen Euro 2015 auf 260,6 Millionen Euro im Jahr 2016. Der Gewinn liegt stabil bei rund einem Prozent des Umsatzes. "Das ist vielleicht bescheiden, aber wir waren immer positiv", sagt Hartlauer.

Neues Standbein

Damit es in der Richtung weitergeht, hat er bereits das nächste Geschäftsfeld, dass vielleicht einmal ein weiteres Standbein werden kann, ins Auge gefasst: den Gesundheitsbereich. Im Wesentlichen geht es hier um Blutzuckermesser und Blutdruckmesser. Auch der Bereich Smart-Home - alles was sich zu Hause über das Smartphone steuern lässt, wie zum Beispiel das Licht - ist für Hartlauer ein Zukunftsmarkt.

Ein weiteres Zukunftsthema und gleichzeitig die größte Herausforderung ist für Hartlauer die Digitalisierung. "Das ist wichtig, wenn man in fünf oder zehn Jahren noch da sein will", so Hartlauer. Im Unternehmen müssten alle Prozesse und Daten miteinander verknüpft werden, eine Auswertung müsse heute in 20 Sekunden und nicht erst in zwei Tagen möglich sein. Viele Unternehmen arbeiten noch mit Lösungen der Marke Eigenbau. In vielen Fällen ist über den Lauf der Jahre ein Sammelsurium an selber erstellten Programmen, die notdürftig zusammengestöpselt worden sind, gewachsen, das modernen Ansprüchen nicht mehr entspricht. "Da muss man mit beiden Händen zupacken und Standardlösungen verwenden", sagt Hartlauer. Während selber gebaute Programme einem komplizierten Netzwerk ähneln, ist moderne Standardsoftware um einen Kern aufgebaut und lässt sich beliebig erweitern. Den Lagerstand müsse man heute minütlich abrufen können, um Kunden sofort sagen zu können, ob und wann ein Produkt lieferbar ist.

Hartlauer glaubt, dass in Zukunft 90 Prozent der Kunden sowohl online als auch im Geschäft einkaufen werden. Da werde die Ware online bestellt und im Geschäft abgeholt oder auch umgekehrt. Dafür müssten die Systeme fit sein. Österreich sei bei der Anwendung moderner Lösungen im internationalen Vergleich weit hinten, meint Hartlauer. Das falle auf, wenn man die Möglichkeiten, die auf internationalen Messen vorgestellt werden, sehe.

Die Preise in seinen Geschäften kommen durch einen Online-Shop nicht unter Druck, sagt Hartlauer. "Man muss faire Preise anbieten, aber nicht unbedingt immer den niedrigsten." Der Großteil akzeptiere das, wenn die Beratung stimme. Beratungsdiebstahl erlebt er zwar auch, aber eher in vernachlässigbarem Ausmaß. "Einem guten Verkäufer wird das nicht passieren." Damit das seinen Verkäufern nicht passiert, steckt Hartlauer viel Geld in die Schulung. Die eigens dafür gegründete Hartlauer-Akademie sei voller denn je.

Ebenfalls kräftig investiert wird in die Standorte. 2016 waren es fünf Millionen Euro, heuer sind es sieben Millionen. Die Zahl der Filialen liegt seit drei bis vier Jahren konstant bei 160. Den Plafond sieht Hartlauer bei 200, bis wann die Zahl erreicht wird, lässt er offen. Derzeit ist bei den Standorten die Optimierung der Lage oder Größe angesagt, und das ist kein einfaches Unterfangen. "Es gibt viele Einkaufszentren in Kleinstädten, die die Altstadt ausradiert haben", sagt Hartlauer. Zudem gebe es in Österreich zu viel Verkaufsfläche, nicht selten zu unleistbaren Preisen.

"Keine Bürokratieausweitung"

Ob der von Wirtschaftsforschern prognostizierte Aufschwung tatsächlich komme, sei für Hartlauer nicht entscheidend. "Unsere Entwicklung hat mit den Wirtschaftsprognosen noch nie zusammengepasst." Dass die Menschen durch die Steuerreform mehr Geld in der Tasche hätten, habe er nicht bemerkt. "Wir spüren es eher, wenn die Zinsen niedrig sind. Da sparen die Leute nicht so gerne."

Sein Wunsch an die Regierung, sei es vor oder nach der Wahl: "Keine Bürokratieausweitung mehr." Es gebe laufend neue Regeln, es bedürfe eines Riesenaufwands im Bereich der Verwaltung, um dem Gesetz Genüge zu tun. Die Bürokratie sei heute deutlich mehr als vor zehn Jahren, was "verrückt" sei. Sein Vorschlag, um Handelsunternehmen das Leben leichter zu machen: Unternehmen, die viele Mitarbeiter beschäftigen, sollten weniger Steuern zahlen als Unternehmen, die den gleichen Umsatz mit wenigen Mitarbeitern erwirtschaften. Vor allem aber solle den Arbeitnehmern netto mehr überbleiben. Der Unterschied, ob man fleißig arbeite, mittelmäßig oder gar nicht, werde finanziell zu wenig gewürdigt.