Nachtarbeit reizt wenige


Wachsende Konkurrenz durch Selbstbedienungsketten, wie es sie in Deutschland gibt, fürchtet die Branche nicht. In Österreich sei das Convenience-Segment durch die großen Handelsketten besetzt und das Qualitätssegment durch die Bäcker. "Es könnte sein, dass es der eine oder andere probiert, aber es würde sehr schwer sein", sagt Lorencz. Mehr Sorgen macht den Bäckern die Suche nach Fachkräften. "Gute Bäcker sind Mangelware", sagt Lorencz. Es sei schwierig, Lehrlinge für die Nachtarbeit zu begeistern. Auch eine gute Bezahlung würde viele Junge nicht überzeugen. Um zwei Uhr fange das Backen an, um sechs Uhr müsse die Ware in den Geschäften sein. Manche würden noch früher aufstehen, etwa wenn sie Spezialitäten zubereiten. Ein Innungsmeister beginne um 23 Uhr, weil er das Mehl mit einer eigenen Mühle mahle.

Auch die Nachfolgersuche sei mühsam. Der Durchschnitt habe vier oder fünf Filialen. "Viele werden die Opfer des eigenen Erfolgs", sagt Lorencz. Sie wollten, dass es ihre Kinder einmal besser haben, und schicken sie auf die Universität. An eine Übernahme des Betriebs sei dann meist nicht mehr zu denken. Dennoch seien Bäcker stolz auf ihren Beruf. "Es ist schön, mit den eigenen Händen etwas zu machen, das gut schmeckt." Viele könnten sich keine andere Tätigkeit vorstellen. Wenn das Brot heiß aus dem Ofen komme, sei man für die harte Arbeit entlohnt. Und während andere noch im Büro sitzen, liege mancher Bäcker am Nachmittag am See - freilich sei der Abend dafür etwas kürzer.

Eine Frage der Stimmung


Der Branche ein Dorn im Auge ist, dass die großen Handelsketten sich in der Öffentlichkeit als Handwerker darstellen, das aber nicht sind, sagt Eva Schrott, die die Bäckerei Josef Schrott gemeinsam mit ihrem Mann führt. "Sie beschäftigen zwar Bäcker, haben aber keine handwerkliche Bäckerei." Der Kundschaft werde vorgegaukelt, dass sie Handwerksware bekomme, was nicht der Fall sei.

Ein anderes Problem sind die zahlreichen Verordnungen. "Wir müssen 110.000 Gesetzespassagen kennen und anwenden", sagt Schrott. Das Unternehmen bestehe seit 1885, und es habe auch ohne Verordnungen noch niemand am Schrott-Brot Schaden genommen. Die Texte würden sich teilweise widersprechen, bei der Höhe der Strafen komme es oft auf die Stimmung der Kontrollorgane an. "Eine hohe Strafe kann einen kleinen Betrieb ins Wanken bringen." Es fehle die Unterstützung der Politik. Die Schrotts selber setzen auf Nischenprodukte. "Wir haben seit 30 Jahren Bio-Produkte und bieten als zweites Standbein traditionelle Wiener Backwaren an", sagt Schrott.

Die Weinviertler Bäckerei Geier hat sich dem Personalproblem gestellt. "Wir haben ein aufwendiges Schulungsprogramm und viele interne Schulungen", heißt es seitens des Unternehmens. Die Mitarbeiter müssten die Produkte und deren Qualität vermitteln können, damit man sich von den Supermärkten abhebe. Sie könnten den Kunden sämtliche Informationen über die Produkte - auch ausgedruckt - mitgeben.

Geier positioniert sich durch "ehrliche Nachhaltigkeit", 80 Prozent der Rohstoffe kommen aus einem Umkreis von 50 Kilometern - das Unternehmen hat seinen Sitz in Strasshof an der Nordbahn. In der Backstube wird noch alles per Hand hergestellt - außer das, was die Hand nicht besser als eine Maschine kann. Und Maschinen gibt es bei Geier nicht viele.