Wien. Wenn Bäcker in die Arbeit gehen, ist es noch dunkel. Wenn sie fertig sind, ist es hell. Und so groß wie der Unterschied zwischen Tag und Nacht ist auch der Unterschied zwischen einer Bäckersemmel und einer aus einem Tiefkühlteigling. Dennoch haben die industriellen Tiefkühlwaren und halbfertigen Produkte, die in den Aufbackstationen der großen Lebensmittelketten und Selbstbedienungsbäckereien fertiggemacht werden, vielen Gewerbebetrieben die Lebensgrundlage entzogen.
"Das riecht gut, ist warm und gilt dann für viele als frisch", sagt Anka Lorencz, Geschäftsführerin der Bundesinnung der Lebensmittelgewerbe. Der Unterschied zu den Produkten der Bäcker sei jedoch immens. Hefe sei ein lebendiger Pilz, der Kälte nicht leiden könne. Semmeln, die aus Tiefkühlteiglingen gebacken werden, würden nicht so gut aufgehen wie frisch gemachte Semmeln. Außerdem würden sie schneller zäh.
Der Alltag sei für die meisten Bäcker ein harter. Das Bäckersterben der vergangenen Jahre habe sich zwar eingebremst, schreite aber immer noch voran. "Wir verlieren jährlich Betriebe, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie früher", sagt Lorencz. Als vor zehn oder 15 Jahren die Lebensmitteleinzelhandelsketten in das Brotgeschäft eingestiegen sind, sei es zu einer Verschiebung am heimischen Brotmarkt gekommen. Davor, in den 1970er Jahren, sei das Pendeln verstärkt aufgekommen, wodurch die Konsumenten nicht mehr zu Hause beim Bäcker, sondern in irgendeinem Supermarkt auf dem Weg zur Arbeit eingekauft hätten.
Anonyme Weckerl
Erfreulich sei, dass immer mehr Konsumenten nach dem Original suchen, sagt Lorencz. "Sie wollen etwas Traditionelles aus der Region." Das hänge mit der Unsicherheit durch die Globalisierung zusammen. Immer mehr Leute würden es schätzen, ihren Bäcker zu kennen und nicht das Weckerl von einem anonymen Hersteller zu kaufen. Der Trend zu ausgefallenen Produkten, etwa aus alten Getreidesorten wie Einkorn, gebe ebenfalls Auftrieb.
Viele Bäcker hätten eine gute Story, würden aber nicht die Notwendigkeit erkennen, diese auch zu erzählen. "Sie haben traditionelle Rezepte oder ein tolles Brot entwickelt. Für diese Bäcker ist das aber selbstverständlich und sie reden nicht darüber", sagt Lorencz. Es gebe viele "hidden stories", die man erzählen müsse - genau solche Geschichten kämen gerade heute in Zeiten der Massenproduktion bei den Konsumenten gut an. "Viele Bäcker haben ein Alleinstellungsmerkmal, und wissen es gar nicht", sagt Lorencz. Innovation mache sich auch in anderen Bereichen bezahlt, etwa Bäcker, die zu ihren Kunden kommen. Online werde bestellt, per Lieferservice die Ware an die Haushalte zugestellt.