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Republik leiht sich Geld für 100 Jahre

Von Reinhard Göweil und Karl Leban

Wirtschaft

Österreich begibt größte 100-jährige Anleihe im Euroraum - enormes Interesse trotz niedriger Zinsen.


Wien. 2018 feiert die Republik Österreich ihren 100. Geburtstag. Am Dienstag wurde erstmals eine Staatsanleihe verkauft, deren Laufzeit bei 100 Jahren liegt. Das Interesse am Finanzmarkt dafür war beträchtlich, es wurden 3,5 Milliarden Euro ohne Problem platziert.

Die Anleihe ist die größte ihrer Art im gesamten Euroraum. Die Verzinsung ist - gemessen an der Laufzeit - jedoch mickrig. Die Anleihe wurde mit einem Kupon von 2,10 Prozent ausgestattet und erzielte eine Emissionsrendite von 2,112 Prozent.

Schwache 2,1 Prozent wird der Bond  jährlich abwerfen, es gibt also offenkundig ausreichend Investoren, die meinen, dass Österreich auch in 100 Jahren seine hohe Kreditwürdigkeit haben wird. "Pensionskassen und Versicherungen sind auf der Suche nach so langlaufenden Veranlagungen, das senkt ihr Risiko", sagte ein Banker. "Und ehrlich: Was in den zweiten 50 Jahren dieser Anleihe passiert, weiß ohnehin niemand."

Auch der in diesem Anleihemarkt überaus versierte Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger findet die Platzierung der Bundesfinanzierungsagentur "cool": "Das ist eine richtige Entscheidung, finde ich. Österreich ist damit Benchmark in Europa. Es werden vermutlich andere Euroländer folgen, die jetzt einmal schauen, wie das funktioniert. Und ich rechne mit einem sehr großen Interesse." Denn es gibt sehr viele institutionelle Investoren, etwa Pensionsversicherungen, die vor sehr langfristigen Verbindlichkeiten stehen. Mit einer derart langen Veranlagung reduzieren diese ihr Zinsrisiko.

Österreich zweimal pleite

Es gibt bereits 50-jährige Inflations-Swaps, mit denen Investoren das Inflationsrisiko bekämpfen. Die rentieren derzeit bei 1,96 Prozent. Hemetsberger: "Für solche Investoren ist es schon beruhigend, wenn ihre Veranlagungen nicht unter der Inflationsrate liegen. Und bei allen kürzer laufenden Anleihen verlieren sie derzeit Geld."

Erstaunlich ist, dass sich eine 100-jährige Anleihe mit dieser niedrigen Verzinsung so gut verkauft, weil erwartet wird, dass die Europäische Zentralbank im kommenden Jahr ihre Nullzinspolitik aufgeben wird.

Manche deutsche Händler stehen der 100-jährigen Anleihe Österreichs verwundert gegenüber. In den 99 Jahren sei Österreich zweimal pleitegegangen, rechnen sie vor. "Das sind die Deutschen auch, und trotzdem gelten deutsche Bundesanleihen heute als das sicherste Papier", kontert Hemetsberger trocken.

Zudem bedeutet die 100-jährige Anleihe keine Bedrohung für Österreich. Die Staatsschuld liegt bei fast 300 Milliarden Euro, die Anleihe wird ein Volumen von 3,5 Milliarden haben.

"Methusalem-Papiere"

Anleihen mit extrem langen Laufzeiten werden auch "Methusalem-Papiere" genannt. Derartige Bonds haben zuletzt Länder wie Argentinien und Mexiko und in kleinerem Umfang Irland und Belgien begeben. Die 100-jährige Anleihe Österreichs sei jedenfalls eine der am längsten laufenden Staatsanleihen der Welt, sagt ein Sprecher der Bundesfinanzierungsagentur. Bereits 2016 hat Österreich eine 70-jährige Anleihe mit einer Rendite von 1,53 Prozent auf historisch extrem niedrigem Niveau begeben. Auch dieser Bond (zwei Milliarden Euro) stieß auf große Nachfrage.

Am Dienstag hat die Republik neben der 100-jährigen Anleihe auch einen fünfjährigen Bond im Volumen von rund vier Milliarden Euro problemlos im Markt platzieren können. Die Benchmarkanleihe ist mit einem 0,00 Prozent Kupon ausgestattet. Die Ausgaberendite beläuft sich auf -0,165 Prozent.

Insgesamt habe es sich um die größte jemals von der Republik durchgeführte Emission mit der größten Nachfrage gehandelt. Beide Anleihen seien schwer überzeichnet gewesen, was den Status der Republik als sicherer Hafen für die internationale Investorengemeinschaft unterstreiche, so OeBFA-Chef Markus Stix in einer Presseaussendung.