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Bawag-Aktionäre wollen Kasse machen

Von Karl Leban

Wirtschaft

Dass es beim Börsengang der Bank keine Kapitalerhöhung gibt, stört Anlegerschützer Rasinger. Die Bawag hat nichts vom Erlös.


Wien. Wilhelm Rasinger sieht den noch für heuer geplanten Börsengang der Bawag kritisch. Positiv sei zwar, dass der Wiener Aktienmarkt damit nach Jahren der Dürre wieder frisches Blut bekommt. "Das könnte anderen Börsenkandidaten Mut machen", so der Chef des Interessenverbandes für Anleger (IVA). Was Rasinger aber bemängelt, ist, dass es beim Börsengang der Wiener Großbank keine Kapitalerhöhung geben wird. Verkauft werden sollen lediglich Altaktien der Eigentümer, der beiden US-Fonds Cerberus und Golden Tree, allerdings keine neuen Aktien. Dass Geld der Anleger auch der Bawag zugutekommt, ist nicht geplant.

"Die amerikanischen Hauptaktionäre machen den Börsengang nicht aus Nächstenliebe", sagt Rasinger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Die waren bei der Bawag zehn Jahre drin und wollen jetzt Geld sehen. Dafür nützen sie die günstige Börsensituation." Rasinger geht davon aus, dass die Amerikaner beim Bawag-Börsengang "nichts herschenken" werden. "Die werden versuchen, zum bestmöglichen Preis zu verkaufen", betont der Anlegerschützer.

Linzer Swap-Streit läuft noch

Rasinger hält der Bawag zugute, dass sie unter ihren US-Eigentümern in den vergangenen Jahren viele Hausaufgaben gemacht habe und als "radikal umstrukturierte" Bank mittlerweile gute Ergebnisse erwirtschafte. Allerdings müssten sich potenzielle Anleger jetzt genau anschauen, wie es um die Zukunftsaussichten des Instituts bestellt ist. Der IVA-Präsident verweist hier etwa auf den noch immer nicht beendeten hochbrisanten Rechtsstreit mit der Stadt Linz rund um deren schiefgelaufene Swap-Spekulation, aber auch auf den bald auslaufenden Kooperationsvertrag mit der Post und auf die Ertragschancen vor dem Hintergrund von Digitalisierung und Fintechs. Rasinger fragt sich vor allem, ob das jetzige Geschäftsmodell der Bank auch in Zukunft für "steigende Erträge und attraktive Dividenden" ausreicht.

Die Bawag hat nach eigenen Angaben mehr als 2,2 Millionen Kunden und gilt mit rund 40 Milliarden Euro Bilanzsumme als viertgrößte Bank in Österreich. Über eine verschachtelte Holding-Konstruktion hält Cerberus derzeit 54 Prozent der Anteile, Golden Tree 40 Prozent. Die restlichen sechs Prozent verteilen sich auf Minderheitsaktionäre wie etwa die österreichische Post und den Versicherer Generali. Auch sie wollen Aktien verkaufen.

Verkauf von bis zu 30 Prozent?

Dass sie im vierten Quartal an die Wiener Börse gehen will, hat die Bawag am Mittwoch zwar offiziell angekündigt. Nicht kommuniziert hat sie jedoch das geplante Verkaufsvolumen. Im Markt wird jedenfalls erwartet, dass 20 bis 30 Prozent der Anteile breit im Börsenpublikum gestreut werden sollen. Wobei der Wert der Bank in Summe auf bis zu fünf Milliarden Euro geschätzt wird und es beim Börsengang somit um ein Volumen von 1,0 bis 1,5 Milliarden Euro gehen könnte. Zum Vergleich: Bei der Bawag-Übernahme Mitte Mai 2007 bezahlte Cerberus 3,2 Milliarden Euro (in weiterer Folge kamen dann noch ein paar Kapitalerhöhungen dazu).

Für ihren Börsengang, der bereits seit Jahren erwartet wurde, hat sich die Bawag zuletzt mit Zukäufen, darunter zum Beispiel die Stuttgarter Südwestbank, und einem Gewinnplus herausgeputzt. Im ersten Halbjahr verdiente die einstige Gewerkschaftsbank unter dem Strich mit 251 Millionen Euro um 2,5 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Den Anlegern verspricht die Bawag jährliche Dividendenzahlungen in Höhe von 50 Prozent ihres Nettogewinns. Versprochen wird auch ein "Wachstumsszenario" - vor allem für Österreich, Deutschland und die Schweiz. Bei Bankchef Anas Abuzaakouk ist von einer "robusten Pipeline" an Projekten die Rede. Dafür sei bis 2020 mehr als eine Milliarde Euro verfügbar. Auf dem Plan stünden unter anderem weitere Akquisitionen und eine Expansion der Direktbank-Tochter Easybank in das benachbarte Deutschland.

Bank hat niedrige Kosten

Laut Abuzaakouk ist die Bawag eine der kapitalstärksten Banken in Österreich. Aktuell liege die harte Kernkapitalquote bei 15,5 Prozent. Was der Bawag-Chef ebenfalls betont: Zwischen 2012 und 2016 habe die Bank ihre Einnahmen um knapp ein Fünftel gesteigert, während die Kosten um ein Drittel gesunken seien. Die Cost-Income-Ratio, der Anteil der Kosten an den Einnahmen, wird mit 41,7 Prozent beziffert. Analysten sprechen von einem "exzellenten Wert".

Gelingt der Bawag-Börsengang (anlaufen wird er vermutlich gegen Ende Oktober), so wäre er der erste wirklich nennenswerte seit 2014, als der oberösterreichische Flugzeugzulieferer FACC sein Debüt in Wien gab und der Wohnimmobilienspezialist Buwog mittels Spin-off von der Immofinanz abgespalten wurde.

Die Bawag - eine fast hundertjährige Unternehmensgeschichte

Die Bawag hat eine bis weit in die Erste Republik zurückreichende Geschichte. Hier die wichtigsten Ereignisse und Jahreszahlen im Überblick:

1922: Staatskanzler Karl Renner gründet die "Arbeiterbank". Sie verwaltet die Gelder der Gewerkschaften und Konsumgenossenschaften.

1934: Im Ständestaat wird die "Arbeiterbank" zwangsliquidiert.

1947: Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgt die Neugründung durch den ÖGB, den Österreichischen Gewerkschaftsbund.

1963: Der Name des Instituts wird auf "Bank für Arbeit und Wirtschaft" (Bawag) geändert.

1994: Die Bank muss umstrittene Karibikgeschäfte auf Druck der Behörden stoppen.

1995: Der neue Generaldirektor Helmut Elsner nimmt die riskanten Karibikgeschäfte wieder auf.

1996: Die Bayerische Landesbank (BayernLB) steigt bei der Bawag ein, sie kauft die Anteile des pleitegegangenen "Konsum".

1998: Die Bawag kooperiert mit der US-Brokerfirma Refco.

2000: Die Bawag kauft die Postsparkasse (P.S.K.) für 1,28 Milliarden Euro. Wolfgang Flöttl, Sohn des früheren Bawag-Chefs, verspekuliert hunderte Millionen Euro. Die Bank kann nur dank einer Garantie des ÖGB bilanzieren.

2004: Der ÖGB kauft den Bawag-Anteil der BayernLB und wird Alleineigentümer.

2005: Die Krise bricht auf. Die Bawag gewährt Refco im Oktober einen 425-Millionen-Euro-Kredit, wenig später ist Refco insolvent.

2006: Ewald Nowotny wird Bawag-Chef. Offshore-Firmen und Karibik-Spekulationen werden bekannt, die Bawag gesteht hohe Verluste aus dem Jahr 2000 ein. Es kommt zu massiven Geldabflüssen aus der Bank. Bund, Banken und Versicherer fangen die Bawag mit einer Bundesgarantie und einer Zusage für eine Finanzspritze auf. Vier Bawag-Vorstände und ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch müssen zurücktreten. Der ÖGB leitet den Verkauf der Bank ein, den Zuschlag erhält der US-amerikanische Hedgefonds Cerberus.

2007: Mit dem Closing Mitte Mai erfolgt der Eigentümerwechsel. Cerberus übernimmt die Bawag für 3,2 Milliarden Euro.

2009: Im Zuge der Finanzkrise ruft die Bawag beim Bund eine Kapitalhilfe in Höhe von 550 Millionen Euro sowie eine 400-Millionen-Garantie ab. Von Cerberus kommen 205 Millionen Euro.

2012: Im Zuge einer Kapitalerhöhung steigt der US-Fonds Golden Tree mit 40 Prozent bei der Bawag ein.

2014: Nach einer weiteren Kapitalerhöhung zahlt die Bank im März die letzte Tranche des Staatskapitals zurück.

2017: Die Bawag kündigt noch für heuer einen Börsengang an.