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Das todsichere Gewerbe

Von Martina Madner

Wirtschaft

Jährlich gibt es 80.000 Bestattungen. Immer mehr Österreicher wählen eine Urne als letzte Ruhestätte.


Wien. "Gestorben wird immer" heißt es nicht erst seit der TV-Serie "Six Feet Under", wenn vom Bestattungsgewerbe die Rede ist. Dabei gibt es durchaus Schwankungen, wie die Daten der Statistik Austria zeigen. 2016 wurden insgesamt 80.669 Sterbefälle verzeichnet, um 2,9 Prozent weniger als im Jahr davor. Das aber bereitet den rund 542 Bestattern in Österreich allerdings weniger Sorgen als so manche Gesetze und deren unterschiedliche Auslegungen, die von Bundesland zu Bundesland, teilweise von Gemeinde zu Gemeinde oder sogar von Friedhof zu Friedhof unterschiedlich sind. Ein Begräbnis ist aber auch traditionellerweise in Vorarlberg anders gestaltet als im Burgenland.

Der Trend zur Urneals letzte Ruhestätte

Die "scheene Leich" mit dem Pompe Funèbre, also das Begräbnis mit Pomp und Prunk, bei dessen Inszenierung der Bestatter eine tragende Rolle spielt, wird zwar als etwas typisch Wienerisches besungen. Tatsächlich ist sie aber laut Rainer Wernhart, dem Bundessprecher der Bestatter, österreichweit verbreitet. Und es gibt sie nach wie vor, "sie ist heute nur nach individuelleren Wünschen gestaltet."

Wobei die Individualisierung der Begräbnisse oft weniger aufregend ist als gedacht: So kann zum Beispiel die persönliche DNA des Verstorbenen auf Leinwand gedruckt werden. Der Fingerabdruck als Amulett ist ebenso möglich wie eine Totenmaske. Auch ein Diamant oder Rubin kann aus Teilen der Asche gepresst werden. "Im Ausland ist auch ein Raketenbegräbnis, wo die Asche im Weltall verstreut wird, möglich." Außerhalb Österreichs ist auch Kryonik, das Einfrieren des Leichnams, und Promession, bei der der Körper schockgefroren und durch Rütteln in Granulat verwandelt wird, möglich. Da mutet das Begräbnis in den Vereinsfarben des Fußballklubs, bei der der Verstorbene in der dazu passenden Urne seine ewige Ruhe findet, beinahe "normal" an.

Tatsächlich besteht das Individuelle an den Begräbnissen weit häufiger aus dem Wunsch, von Kranzspenden abzusehen und das Geld stattdessen an Forschungs- oder Hilfseinrichtungen zu spenden. Auch spezielle Foto-, Aufbahrungs- oder Musikwünsche sind durchaus üblich.

Der außergewöhnlichste Musikwunsch, an den sich Wernhart erinnern kann, war "Hells Bells" von der australischen Hard-Rock-Band AC/DC. Die "Höllenglocken" als Musik bei der Verabschiedung waren möglich. Oft aber setzt die Friedhofsordnung, seltener die Standesregeln der Bestatter, Sonderwünschen Grenzen. "Wir versuchen, viel möglich zu machen. Pietät und Respekt vor dem Verstorbenen, den Angehörigen und dem Umfeld wird aber immer gewahrt", sagt Wernhart.

Der Trend zur Urneals letzte Ruhestätte

Ein Trend sei aber laut Wernhart bei Begräbnissen jedenfalls im Kommen: Neben der traditionellen Erdbestattung gibt es zunehmend mehr Kremierungen in Österreich. Gab es 1995 erst 16,2 Prozent Feuerbestattungen, waren es 2015 bereits 42 Prozent. "Auch wenn sich der Anstieg einpendelt, wird die Kremierung vermutlich bald die häufigste Bestattungsart sein", sagt Wernhart.

In Städten ist die Feuerbestattung im Vergleich zu ländlichen Regionen häufiger. Außerdem gibt es regionale Besonderheiten. In Vorarlberg gibt es beispielsweise über 80 Prozent Kremierungen. Das hängt einerseits mit der Platzknappheit auf den Friedhöfen vor Ort zusammen, andererseits mit dem hohen Grundwasserspiegel. Ein dritter Grund ist der Zeitfaktor: Urnenbeisetzungen nach einer Kremierung können später stattfinden als eine Erdbestattung.

Die Kremierung war lange Zeit durch den katholischen Glauben beschränkt: "Erst seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird sie nicht mehr als Sünde gesehen", erklärt Wernhart. "Wie so vieles im Glauben braucht manches lange, bis sich das durchspricht." Außerdem seien vergleichsweise neue Bestattungsformen wie die Naturbestattungen - zum Beispiel bei der eine Zellstoffurne mit der Asche oft auf einem Waldgrundstück beigesetzt wird, oder eine Flussbestattung, bei der ein Teil der Asche in einem Gewässer verstreut wird - erst nach einer Kremierung möglich.

Grenzüberschreitungenbei Überführungen

Bei diesen neuen Bestattungsarten spiele das "Biodenken" eine große Rolle, sagt Wernhart. Die Gründe dafür sind aber vielfältiger: Weniger Graberhaltungs- und keine Steinmetzkosten spielen zum Beispiel ebenfalls eine Rolle. Die Sargpflicht gibt es bei der Feuerbestattung übrigens genauso wie bei der Erdbestattung.

Wie der Sarg beschaffen sein muss, entscheidet aber die Friedhofsordnung, erläutert Wernhart. In einer Gruft sei zum Beispiel manchmal ein Metalleinsatz innen und eine Metallverkleidung außen notwendig, in anderen Friedhöfen nicht. Auch die Friedhofsgebühren unterscheiden sich selbst bei benachbarten Gemeinden oft um einige hundert Euro.

Grenzüberschreitungenbei Überführungen

Skurriler ist, dass über Flussbestattungen die Gewässereigentümer und Gemeinden entscheiden. So kommt es, dass in Niederösterreich und Oberösterreich die Beisetzung in der Donau an manchen Stellen erlaubt ist, in Wien aber generell nicht. Mehr noch: "Die Gewässerbestattung kann bei unterschiedlichen Grundstückseigentümern auch bis zur Mitte von einem Ufer erlaubt sein, vom anderen aus aber nicht."

Zwar nicht kostenintensiv, aber seltsam muten auch die unterschiedlichen Vorschriften für die Überführung eines Leichnams an. So muss ein Bestatter in Niederösterreich die Überführung von einer Gemeinde zu einer anderen innerhalb des Bundeslandes 24 Stunden vorher bei beiden Gemeinden anzeigen. In Oberösterreich ist das bei der selben Sachlage nicht notwendig.

Diffizil kann es bei der Überführung über Ländergrenzen hinweg werden, wohlgemerkt nicht die nationalen, sondern solche zwischen Bundesländern. So muss die Überführung eines Leichnams von Wien nach Niederösterreich anders als in vielen anderen Bundesländern beim Gesundheitsamt gemeldet werden, "außerdem ist eine Gebühr von 3,27 Euro zu entrichten".

Trotz bundesweiter Gewerbeordnung und Befähigungsprüfung nach zwei Jahren Praxis hebt die Wirtschaftskammer in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich hohe Grundumlagen ein: In Kärnten ist zum Beispiel ein Pauschalbetrag von 240 Euro jährlich für eine Gewerbeberechtigung festgelegt. Im Burgenland aber kommen zum Fixbetrag von jährlich 204 Euro pro Sterbefall des vorangegangenen Geschäftsjahres fünf Euro dazu. Bei 200 Bestattungen pro Jahr erhöht sich die Grundumlage auf 604 Euro. In Wien ist ein "fester Betrag" für den Hauptbetrieb von 800 Euro vorgesehen. "Da gibt es erhebliche Unterschiede je nach Landesinnung."