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Zickzackkurs bei der Sektsteuer

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Bald knallen wieder die Korken: Zu Silvester werden hierzulande zwei Millionen Flaschen Sekt konsumiert.
© Joscha Malburg/EyeEm

Seit drei Jahren in Kraft, steht die Steuer auf den "Millionärssprudel" wieder einmal auf dem Prüfstand.


Wien. Als im März 2014 die 2005 abgeschaffte Schaumweinsteuer wieder eingeführt wurde, war die Empörung groß. Nicht nur Weinbauern und Sekthersteller übten Kritik, auch ein Personenkomitee mit illustren Mitgliedern wie Opernball-Lady Desirée Treichl-Stürgkh machten gegen die Steuer in der Höhe von 75 Cent pro Flasche mobil. Nun sollen nach den Plänen der neuen Regierung aus ÖVP und FPÖ die sogenannten Bagatellsteuern wie zum Beispiel die Werbeabgabe oder auch die Schaumweinsteuer mit dem Ziel einer "signifikanten Reduktion" geprüft werden.

Rund 25 Millionen Flaschen Sekt wurden im vergangenen Jahr in Österreich konsumiert. Jede dritte Flasche stammt aus heimischer Produktion. Importiert wird vorwiegend aus Deutschland, nach wie vor sehr beliebt sind auch italienischer Prosecco und Frizzante. Die beiden spritzigen, leichten Getränke gelten wegen des geringeren Drucks in der Flasche aber als Wein und unterliegen somit nicht der Schaumweinsteuer. Das ist eine klare Benachteiligung der heimischen Weinwirtschaft, befindet der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Hermann Schultes.

"Reiche und Lustige" zahlenfür "Arme und Traurige"

Die umstrittene Steuer hat Österreich dem Sozialdemokraten Hugo Breitner zu verdanken. Er führte ab 1922 nach der Trennung Wiens von Niederösterreich zahlreiche neue Steuern ein, um das Wohnbau- und Sozialprogramm Wiens finanzieren zu können. So erfand er etwa die "Vergnügungssteuer" für Bälle und andere Lustbarkeiten wie Pferderennen, Nachlokale oder Bordelle. Auch Sekt galt als Luxusprodukt und wurde besteuert. Die in Saus und Braus lebenden "Reichen und Lustigen" sollten die Not der "Armen und Traurigen" lindern, so Breitner in der "Arbeiter-Zeitung".

Im Ständestaat wurde die Luxussteuer abgeschafft. 1978 griff die Regierung unter Bundeskanzler Bruno Kreisky die Idee wieder auf und schuf mit einem dritten Steuersatz der Umsatzsteuer von 30 Prozent auf Pelze, Goldschmuck, Teppiche, Yachten, Konsumelektronik oder Sekt eine neue Form der Luxussteuer. 1984 wurde dieser Steuersatz auf 32 Prozent angehoben. Weil jedoch die höher besteuerten Güter zusehends im Ausland gekauft wurden, fielen ab Mitte der 1980er Jahre immer mehr Waren aus dem erhöhten Steuersatz. 1992 wurde die Luxussteuer gänzlich abgeschafft.

Dann der erneute Schwenk: Mit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 wurde die Sektsteuer als neue Verbrauchssteuer in Höhe von 1,09 Euro pro Flasche für Sekt mit über 3 Bar Druck eingeführt. Nachdem 2004 in Österreich erstmals mehr Prosecco als Sekt getrunken wurde, wurde die Steuer 2005 von der Regierung Schüssel II endgültig ausgesetzt - um am 1. März 2014 unter Rot-Schwarz wieder eingeführt zu werden. 36 Millionen Euro an Einnahmen erhoffte sich der Fiskus damals daraus - es wurden nur 6 Millionen. 2015 waren es rund 20 Millionen, 2016 rund 23,4 Millionen und in den ersten zehn Monaten 2017 19,5 Millionen Euro.

Die Landwirtschaftskammer verweist auf einen "enormen Verwaltungsaufwand für Betriebe und Staat" durch die Einhebung der Steuer und spricht von einem Nullsummenspiel. Schultes: "Diese Silvestersteuer ist nichts anderes als ein Prosit auf den Finanzminister."

Kein Silvesterohne Sekt

Der Sektkonsum ist in Österreich von 2007 bis 2013 um 35 Prozent gestiegen. Dann kam die Sektsteuer, Sekt wurde teurer und der Konsum ging von 2013 bis 2015 um rund 20 Prozent zurück. Im Vorjahr hat sich der Markt wieder stabilisiert.

Laut dem neuesten Sektreport von Österreichs Marktführer Schlumberger trinken mittlerweile 94 Prozent der gesamten Bevölkerung ab dem 18. Lebensjahr zumindest gelegentlich Sekt. In über 90 Prozent aller österreichischen Haushalte ist Sekt zu Silvester ein fixer Bestandteil der Feierlichkeiten, gefolgt von Geburtstagsfeiern (86 Prozent) und Hochzeiten (85 Prozent). Im Supermarkt werden durchschnittlich 7,63 Euro für eine 0,75-Liter-Flasche Schaumwein bezahlt. In der Gastronomie darf eine Flasche im Durchschnitt 33 Euro kosten.