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Zurück auf die Startrampe

Von Jan Michael Marchart

Wirtschaft

Die insolvente Airline Niki geht wieder an ihren Gründer Niki Lauda. Das war die erste Etappe. Teile der Belegschaft rebellieren gegen ihn.


Wien/Frankfurt. Niki Lauda bekommt seine Airline zurück. Nachdem der Verwertungsprozess zunächst ins Stocken geraten war, ist in der Schlacht um die insolvente Air-Berlin-Tochter Niki der Gründer als Sieger hervorgegangen. Lauda hatte nach eigenen Angaben mit dem britischen Reisekonzern Thomas Cook und dessen Airline Condor für die von ihm gegründete Fluglinie Niki geboten. Über die Höhe des Angebots herrscht Stillschweigen. Lauda dürfte aber mehr geboten haben als jene 36,5 Millionen Euro, die der Hauptkonkurrent, die britisch-spanische Gruppe IAG, bereit war zu zahlen. Der Flugbetrieb soll Ende März wieder aufgenommen werden.

Die Entscheidung für Lauda war offenbar nicht leicht. Erst nach einer fast 15-stündigen Marathonsitzung erhielt der 68-jährige den Zuschlag der Gläubiger. Laut den Insolvenzverwaltern sei die Entscheidung aber einstimmig für den Ex-Rennfahrer und Luftfahrtunternehmer ausgefallen.

Lauda wird die frühere Air-Berlin-Tochter Niki durch sein Wiener Privatunternehmen Laudamotion GmbH übernehmen. Nach eigen Angaben verfügt seine Firma über die nötige Betriebsgenehmigung für Start- und Landerechte. Lauda will sich vor allem auf den österreichischen Markt konzentrieren und als Ferienflieger punkten. Insgesamt 15 der früheren 21 Niki-Flieger will Lauda zu Beginn des Sommerflugplans Ende März wieder abheben lassen.

Niki sei immer sein Herzblut gewesen, sagte Lauda, der den Flugbetrieb 2003 gegründet und 2011 an Air Berlin verkauft hatte. In Zukunft wird die Airline auf den Namen Laudamotion hören, sagte Lauda im Ö1-"Mittagsjournal". Auf die Marke Niki habe er durch den Konkurs der Fluglinie keinen Zugriff mehr.

Ein Vertrag, kein Vertrag

Bei der Übernahme sei Lauda auch von der schwarz-blauen Regierung unterstützt worden. Der freiheitliche Verkehrsminister Norbert Hofer hatte sich in den Vorbereitungen des Angebots mit Lauda getroffen. Die Regierung präferiere einen heimischen Bieter und keinen ausländischen Bieter, habe aber nie aktiv eingegriffen, so Lauda. Kanzler Sebastian Kurz und sein Vize Heinz-Christian Strache zeigten sich erfreut.

In der Chronologie der Niki-Insolvenz und ihrer Rettungsversuche ist aber eine rechtlich komplizierte Situation entstanden. Nach dem Rückzug der deutschen Lufthansa hat der deutsche Masseverwalter Ende Dezember 2017 im Bieterverfahren einen Kaufvertrag mit der britisch-spanischen Gruppe IAG und dessen Billigableger Vueling unterschrieben. Da es sich in Deutschland aber noch um ein vorläufiges Insolvenzverfahren handelt, sind Entscheidungen über Verkäufe von Firmen oder Firmenanteilen aus der Insolvenzmasse nicht möglich, sondern erst in einem regulären Verfahren. Vueling liegt also ein Vertrag vor, der nicht rechtskräftig und damit hinfällig ist. Der britisch-spanische IAG-Konzern war naturgemäß wenig erfreut. "IAG ist enttäuscht, dass Niki nicht in der Lage sein wird, sich als Teil der Gruppe zu entwickeln und zu wachsen", teilte der Konzern mit. IAG wollte sich nicht dazu äußern, ob es gegen die Entscheidung vorgehen will.

Ungewisse Gewissheit

Die beiden Insolvenzverwalter aus Österreich und Deutschland zeigten sich optimistisch. "Es wird von einer kurzfristigen insolvenzrechtlichen Genehmigung der Transaktion in Österreich und in Deutschland ausgegangen", hieß es in einer gemeinsamen Aussendung. Zwischen den Masseverwaltern und den Gläubigern beider Länder mag zwar Einigkeit herrschen, völlig ausgestanden scheint die Sache aber noch nicht. Es gibt noch eine Hürde: Denn der deutsche Bundesgerichtshof hat nämlich noch nicht über die Rechtsbeschwerde der Niki-Geschäftsleitung entschieden. Diese geht gegen einen Beschluss des Landesgerichts Berlin vor, das Verfahren der insolventen Niki-Airline Österreich zu geben. Das Landesgericht Korneuburg in Niederösterreich eröffnete daraufhin im Jänner nach einem Antrag des Fluggastrechtportals Fairplane überraschend ein Konkursverfahren und startete erneut den Bieterwettbewerb. Entscheidet der deutsche Bundesgerichtshof, dass das Niki-Verfahren doch in Deutschland abgewickelt werden muss, wäre das Prozedere wohl wieder völlig offen. Für Mittwoch ist eine Gläubigertagung beim insolventen Niki-Mutterkonzern Air Berlin geplant.

Abgesehen vom rechtlichen Gewirr muss Lauda nun eine Menge Überzeugungsarbeit bei der Belegschaft leisten. Bei so manchem der rund 1000 Mitarbeiter ist der Airline-Gründer höchst umstritten. Die Stimmung bei einer Niki-Betriebsversammlung vergangene Woche konnte auch nicht mit Laudas schriftlichem Versprechen besänftigt werden, dass er alle mit Jobs versorgen möchte.

"Moderne Sklaven"

Einige aus der Belegschaft fühlten sich an ihre Anfangszeit bei Niki erinnert, in der sie als Leiharbeiter angestellt waren. Es sei noch nicht so lange her, dass innerhalb der Airline ordentliche Arbeitsbedingungen durchgesetzt werden konnten, hieß es. "Jahrelang haben wir als moderne Sklaven über eine Leiharbeitsfirma für Niki geschuftet. Wir waren so froh, als Lauda endlich gegangen ist, er soll uns bitte nur in Ruhe lassen. Der Verkauf an IAG ist die beste Lösung für den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze", zitiert das Luftfahrtportal "Austrian Wings" einen anonymen Mitarbeiter.

Die Beschäftigten hatten sich zuletzt noch für IAG ausgesprochen, auch weil sie Lauda nicht zutrauten, die nötigen Finanzmittel für den Flugbetrieb aufbringen zu können. Für die Durchsetzung wurden bei der Versammlung Unterschriften für eine Petition gesammelt. Heute, Mittwochvormittag, will Lauda am Flughafen Wien die Mitarbeiter informieren und seine Pläne erläutern. 50 bis 100 Flugbegleiter haben die Fluglinie bereits verlassen, und viele der rund 220 Piloten haben Angebote von anderen Airlines. Vor allem AUA und Eurowings locken. Die Piloten bei Niki hätten aber immer mehr verdient als etwa bei Eurowings, sagte Lauda in der ZIB 2 im ORF.

Was die Mitarbeiter betrifft, soll Lauda nun nachgelegt haben. Nach Angaben von Niki-Betriebsratschef Stefan Tankovits, der zuletzt noch die Zukunftspläne von IAG lobte, habe sich Lauda zum Standort bekannt, Gesprächsbereitschaft über einen Kollektivvertrag signalisiert sowie erklärt, dass alle Beschäftigten ein Angebot erhalten werden. Gegenüber Ö1 konnte Lauda noch nicht viel über Kollektivvertragsverhandlungen sagen, "weil ich nicht einmal weiß, welchen Kollektivvertrag sie jetzt haben". Die Gewerkschaft kündigte an, zeitnah verhandeln zu wollen.