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Geförderte Trendwende

Von Martina Madner

Wirtschaft

Der Arbeitsmarkt in Niederösterreich hat sich erholt. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner setzt trotzdem auf ein 1,3-Milliarden-Euro-Paket für diesen Bereich - und erntet vielerseits Zustimmung.


Wien. Johanna Mikl-Leitner ist Landeshauptfrau Niederösterreichs. Und was steht ganz oben auf der Agenda? "Das Thema Arbeit!" Man habe mit den Sozialpartnern ein Beschäftigungspaket von 1,3 Milliarden Euro paktiert, "und dieses gilt es nun auf Punkt und Beistrich umzusetzen", sagt Mikl-Leitner.

Das Projekt, dass sie hier anspricht, ist der TEP, der territoriale Beschäftigungspakt. Tatsächlich sind 1,3 Milliarden Euro von 2018 bis 2020 dafür vorgesehen: Konkret steuert das Arbeitsmarktservice Niederösterreich mit 960 Millionen Euro den größten Brocken bei; vom Sozialministeriumsservice kommen 147 Millionen Euro; nur 188 Millionen Euro stammen aus Landesmittel - der Löwenanteil wird also vom Bund finanziert, wobei das auch in anderen Bundesländern durchaus so üblich ist.

Erholung am Arbeitsmarkt

Stellt sich die Frage: Ist es aktuell die richtige Zeit, Arbeitsmarktmaßnahmen zu fördern, wo die Konjunktur auch in Niederösterreich kräftig anspringt? Robert Schwarz, Ökonom und Regionalexperte bei der Bank Austria, schätzt das Wirtschaftswachstum von 2017 in Niederösterreich auf 2,9 Prozent, der endgültige Wert liegt noch nicht vor. "In der Industrie gab es jedenfalls eine Trendwende", sagt Schwarz. Nachdem die abgesetzte Industrie-Produktion in den Jahren von 2012 bis 2016 gesunken war, kam es ab Anfang 2017 zu einem Turnaround.

Das hatte auch deutliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Zwar gibt es bei der Beschäftigung im Bundesland generell ein Plus von 1,7 Prozent; in der Industrie aber eines von 4,5 Prozent. In Zahlen: 2017 gab es rund 102.500 Industriearbeitsplätze im Bundesland, also um rund 4450 mehr als im Jahr davor. Und: "Eine besonders starke Dynamik ging dabei von der Metallindustrie und Autozulieferern aus."

Ist Niederösterreich also ein Industrieland? Nun ja: Mit einem Anteil der Industrie an der Wertschöpfung von 18,3 Prozent liegt man im Österreich-Vergleich an fünfter Stelle, also im Mittelfeld; mit absolut 8,9 Milliarden Euro aber hinter Oberösterreich und der Steiermark an dritter Stelle.

Und es werden mehr Betriebe: Zu den bereits in Niederösterreich ansässigen Autozulieferern wie etwa dem Lichthersteller Zizala, dem Elektronikteil-Produzent Eaton Industries oder Knorr-Bremse, die Bremssysteme herstellen, kamen vor Kurzem neue hinzu: Great Wall Motors mit einem Forschungs- und Entwicklungszentrum in Kottingbrunn. Und Bott Austria stellt nun Fahrzeugeinrichtung in Wiener Neudorf her, wohin auch ABB seine Österreichzentrale von Wien aus verlegte.

Trotz dieser positiven Entwicklung sei die weitere Arbeitsmarktförderung wichtig, sagt Thomas Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich. Man sei in die Diskussion involviert gewesen, bringe sich unter anderem beim Fachkräftemonitor des Landes, insgesamt drei der 21 TEP-Maßnahmen, ein: "Das Land ist da durchaus im Sinne der Industrie unterwegs", sagt Salzer. Und: "Das ist auch kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als- auch: Wir haben auch ein Übereinkommen in puncto Digitalisierung, und auch Deregulierung wird vom Land ernst genommen."

Innovativer Aufholbedarf

Auch in der Wirtschaftskammer Niederösterreich befürwortet man TEP: "In der Industrie ist das Anziehen des Wirtschaftswachstums spürbar, in anderen Bereichen aber noch nicht", nennt ein Sprecher als Grund. "Außerdem gibt es große regionale Unterschiede." Und natürlich brauche es auch Infrastrukturprojekte und einen Ausbau des Verkehrsnetzes, "damit sich zum Beispiel der Speckgürtel Richtung Wolkersdorf und Mistelbach ausweiten kann".

Diesen Grund nennt auch Peter Mayerhofer, Regionalwirtschaftsexperte am Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo: "Es ist ein Land, weil viel Fläche, mit einer sehr heterogenen Entwicklung: urbaner in Wiennähe, mit alter Industrie, aber auch echter Peripherie." An TEP kritisiert er zwar, dass viel hineingepackt wurde, was man eher im weiteren Sinn als Arbeitsmarkt-Förderung verstehen kann." Zum Beispiel sei auch der Ausbau der Kleinkindförderung mit dabei. Mayerhofer sagt aber auch: "Die Maßnahmen selbst klingen sinnvoll, man muss ihre Wirkung eben später auswerten."

Ein generelles Problem sei dagegen: "In Niederösterreich ist vieles Mittelmaß." So habe man bei der anwendungsorientieren Forschung aufgeholt, punkten könne man aber nur mit Höchstleistungen. Mayerhofer würde folglich die Forschungsquote Niederösterreichs von aktuell 1,7 Prozent vor allem im Bereich Grundlagenforschung steigern: "Das sorgt für Innovation." Aber das ist wieder ein anderes Thema.