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Millionengeschäft im Bärenpelz

Von Petra Tempfer

Wirtschaft

Pelzig und verfressen? Nicht nur. Bei Pandas geht es um einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor.


Wien. Sie sind tollpatschig, pelzig und verbringen die meiste Zeit mit Fressen: Die Pandas des Zoos Schönbrunn können vor allem mit dem Prädikat "süß" punkten. Hinter ihrer pelzigen Fassade, die Besucher regelmäßig in verzückte Ekstase verfallen lässt, steckt aber viel mehr als das. Es ist ein beinhartes Geschäft, das sich hinter dem Schauspiel der bambusfressenden Säuger aus der Familie der Bären abspielt. Ein Millionengeschäft, genau genommen, von dem Wien und China profitieren.

Denn selbst Fu Long, der "Glückliche Drache", wie er ins Deutsche übersetzt heißt, der 2007 als erster Großer Panda in Europa auf natürlichem Weg gezeugt wurde, war stets Eigentum der Volksrepublik China -genauso wie seine Eltern Yang Yang ("Sonnenschein") und Long Hui ("Drachenzeichen"), die 2003 als Leihgabe nach Wien kamen. Madrid war der erste Zoo Europas, in dem 1982 Pandas geboren wurden, allerdings nach künstlicher Befruchtung. Neben Wien und Madrid gibt es in Europa nur sechs weitere Zoos, in denen Pandas leben, und zwar Beauval (Frankreich), Edinburgh (Schottland), Pairi Daiza (Belgien), Rhenen (Niederlande), Ähtäri (Finnland) und Berlin. Global gesehen vermehrten sich Pandas erstmals 1980 im Chapultepec-Zoo in Mexiko außerhalb Chinas in Gefangenschaft.

In Wien scheinen sich die Pandas jedenfalls besonders wohlzufühlen: Auf Fu Long folgten Fu Hu ("Glücklicher Tiger") und Fu Bao ("Glücklicher Leopard"), alle Männchen, sowie schließlich 2016 die Zwillinge "Fu Feng" ("Glückliche Phönix"), ein Weibchen, und "Fu Ban" ("Glücklicher Gefährte"). Die Tragzeit eines Panda-Weibchens ist mit 97 bis 163 Tagen sehr kurz. Der Vater ist bei der Aufzucht nicht beteiligt, Yang Yang und Long Hui lebten in den vergangenen Jahren in getrennten Gehegen und kamen nur zur Paarungszeit zusammen.

Die Zwillinge sollten jedoch der letzte Nachwuchs der beiden sein: Im Dezember 2016 verstarb Long Hui an Krebs. Yang Yang ist seitdem alleine. An dieser Stelle kommt der Staatsbesuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Volksrepublik China ins Spiel. Vergangenen Freitag reiste er nach Peking, um hier eine Woche lang mit vier Mitgliedern der schwarz-blauen Regierung den nach offiziellen Angaben größten Staatsbesuch in der Geschichte Österreichs zu absolvieren. Unter anderem geht es dabei um: Pandas.

Pandas kann man nicht kaufen

Van der Bellen sei "guter Hoffnung", sagte er am Montag, mit einer fixen Zusage für ein Panda-Männchen für Schönbrunn zurückzukehren. Aktuell gebe es diese noch nicht. Staats- und Parteichef Xi Jinping habe jedoch am Sonntag durchblicken lassen, dass China den Wunsch "sehr wohlwollend" prüfen werde, sagte Van der Bellen.

Denn einen Panda kann man nicht kaufen. Und auch nicht beantragen. Ein Panda wird einem gegönnt. In den weltweiten Beziehungen der Staaten ist vermutlich weniges ähnlich kompliziert, wie einen Panda zu bekommen.

Und teuer. Verläuft die "wohlwollende" Prüfung positiv, muss man nämlich laut Deutscher Presseagentur an China eine Leihgebühr von einer Million US-Dollar im Jahr bezahlen. Bei den rund 50 Pandas, die in Zoos außerhalb Chinas leben, ein gutes Geschäft. Diese Summe sei weit überhöht, sagt dazu Dagmar Schratter, Direktorin des Tiergartens Schönbrunn, auf Nachfrage der "Wiener Zeitung". Wie hoch sie tatsächlich ist, gibt sie allerdings nicht bekannt - "die Höhe ist vertraulich", so Schratter. Nur so viel: Auch für die in Österreich geborenen Jungtiere werde ein Betrag überwiesen. Stirbt ein Tier wie 2016 Long Hui, werde jedoch kein Pönale fällig.

"Um in die internationalen Pandaschutz- und Zuchtprojekte eingebunden zu werden, bedarf es einerseits Bemühungen auf hoher diplomatischer Ebene, und andererseits müssen die jeweiligen Zoos einen sehr hohen Standard in Tierhaltung, Zucht und Forschung nachweisen können", sagt Schratter. Dass Pandas gerne und viel Bambus fressen (rund 15 Kilogramm täglich), hat aber auch seinen Preis. Das Futter für zwei erwachsene Tiere kostet laut Schratter etwa 130.000 Euro pro Jahr.

Werden Junge geboren, ist deren Rückkehr nach China vertraglich fixiert. Fu Long, Fu Hu und Fu Bao übersiedelten nach jeweils etwas mehr als zwei Jahren in Pandastationen in China. Somit leben derzeit nur noch die Zwillinge mit der Mutter Yang Yang in Wien.

Die Zeit, in der die Jungtiere im Zoo Schönbrunn in Wien vor den Augen der Besucher ihren Bambus fressen, ist allerdings auch für diesen äußerst lukrativ. Vom "Glücklichen Drachen" bis zum "Glücklichen Gefährten" machten die Panda-Jungen vor allem den Zoo glücklich. Hatten 1991 nur rund 700.000 Gäste den Zoo besucht, waren es im Jahr 2003 erstmals etwas mehr als zwei Millionen Gäste - das Jahr, in dem Yang Yang und Long Hui eingezogen sind. Mittlerweile seien es bis zu 2,4 Millionen Besucher pro Jahr, sagt Schratter. Attraktive Tiere und Jungtiere wie die Großen Pandas führten immer wieder zu Rekordzahlen.

"Für uns als Touristiker sind der Zoo und das Schloss Schönbrunn grundsätzlich die Attraktion Nummer eins", sagt dazu Markus Grießler, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Wien. "Von den Emotionen her ist es definitiv so, dass dort, wo man Attraktionen schafft, Gäste zum Wiederkommen animiert werden -vor allem für Familien mit Kindern ist Schönbrunn ein Fixpunkt."

"Das Adoptivkind der Wiener"

Zwei Drittel der Menschen sprächen ganz besonders auf emotionsgeladene Werbung an, ergänzt der Freizeitforscher Peter Zellmann. Fu Long, Wiens erstes Panda-Baby, sei fast schon so etwas wie "das Adoptivkind der Wiener" gewesen.

Welchen Wert ein Panda nun tatsächlich besitzt, kann man aufgrund dessen, dass man ihn nicht kaufen kann, zwar nicht sagen - der wirtschaftliche Wert scheint jedoch enorm zu sein. Aus zoologischer Sicht ist jedes einzelne Individuum unbezahlbar. In der freien Wildbahn ist der Große Panda gefährdet. In den chinesischen Provinzen Sichuan, Gansu und Shaanxi lebten bei der letzten Zählung 2015 nur noch 1864 Tiere, etwa die Hälfte von diesen in 40 Reservaten mit einer Fläche von 10.400 Quadratkilometern mit dicht bewaldeten, feuchten Berghängen - dem Lebensraum der Großen Pandas.

Einst hatten sie fast ganz China bewohnt. Durch die sukzessive Zerstörung ihres Lebensraums fanden sie aber nicht mehr genügend Nahrung und produzierten zu wenig Nachwuchs. Ein weiterer Aspekt beim Pandaschutz in den Zoos ist daher fernab von wirtschaftlichen Aspekten auch die Erhaltung der Art, zu der das Schönbrunner Pandapärchen einen gewichtigen Beitrag geleistet hat.