Wien. Noch ist für die zukünftige Mobilität im Land nichts in Stein gemeißelt. Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Städten sind zumindest kurz- bis mittelfristig keine in Sicht - und schon gar keine Zulassungsverbote. Vor diesem Hintergrund sind Fachleute vorläufig jedenfalls nicht gewillt, konkrete Prognosen zu stellen, welche Folgen ein Ende des Dieselmotors für die heimische Autobranche und Gesamtwirtschaft haben könnte. Faktum ist freilich, dass der Dieselantrieb für die Alpenrepublik große volkswirtschaftliche Bedeutung hat. Eine Reihe von Zahlen illustriert dies.
Wie Christian Helmenstein vom Wiener Wirtschaftsforschungsinstitut Economica erhoben hat, lässt sich die Bruttowertschöpfung, die direkt auf die Firmen im Bereich Diesel zurückzuführen ist, auf 8,6 Milliarden Euro beziffern. Zuzüglich der Wertschöpfung der Zulieferbetriebe sowie aus der Einkommensverwendung beläuft sich der gesamte Wertschöpfungseffekt auf 17,2 Milliarden Euro. Helmenstein zufolge entspricht dies rund sechs Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts: "Damit liegt die Wertschöpfung des Dieselantriebs in derselben Größenordnung wie jene des Tourismussektors."
230.000 Jobs direkt und
indirekt vom Diesel abhängig
Was Helmenstein für eine im Vorjahr publizierte Studie ebenso erhoben hat: Am Dieselantrieb hängen hierzulande mehr als 125.000 Arbeitsplätze - Jobs, die Unternehmen der Autowirtschaft zuzurechnen sind. Werden hier noch die indirekt, also über Wertschöpfungsverflechtungen abhängigen Beschäftigten (zum Beispiel auch Tankwarte und Straßenbauarbeiter) dazugezählt, sind es in Summe rund 230.000 Jobs. Laut Helmenstein ist demnach jeder neunzehnte Arbeitsplatz im Inland direkt und indirekt dem Dieselantrieb zuzuordnen.
Per Ende 2017 waren in Österreich laut Statistik Austria insgesamt rund 4,9 Millionen Pkw zum öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. 2,08 Millionen davon waren Benziner, 2,77 Millionen aber Dieselautos. Letztere stellten beim Pkw-Bestand mit rund 57 Prozent die Mehrheit.
Rein statistisch gesehen haben demnach nahezu sechs von zehn Personenkraftwagen einen Dieselmotor. Österreich gilt daher schon seit jeher als "Dieselland". Zuletzt ist der Verkauf neuer Dieselautos allerdings gehörig ins Stocken geraten: Im ersten Halbjahr 2018 setzte es hier im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode einen scharfen Rückgang um 16 Prozent auf 79.995 Stück. Grund dafür ist der Diesel-Abgasskandal im VW-Konzern, der viele Autokäufer nach wie vor verunsichert und diese vielmehr zu einem benzingetriebenen Fahrzeug greifen lässt. Zur Jahresmitte hatten Benziner deshalb mit einem Anteil von 54,1 Prozent an den Pkw-Neuzulassungen die Nase vorn, Dieselautos kamen auf 41,5 Prozent. Die restlichen 4,4 Prozent entfielen auf alternativ betriebene Pkw (Elektro, Erdgas, Hybridantrieb etc.).