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Die Zukunft ist geladen

Von Wolfgang Liu Kuhn

Wirtschaft
© AVL

Österreich setzt im Rahmen der EU-Strategie zur Elektrifizierung des Transportwesens Impulse. Gerade hat die AVL eines der modernsten Batterie-Labore Europas eröffnet.


Graz. Österreich macht sich auf die Reise in die E-Mobilität. Die Speicherung von Strom - gerade für Hybrid- oder E-Autos - ist eine Herausforderung. Einige Unternehmen sind hier federführend dabei. Auch die Adresse Hans-List-Platz 1 in Graz steht hier für Innovation. Ständig wird in der Zentrale des Hightech-Unternehmens AVL List ausgebaut. Gerade hat das weltweit größte, unabhängige Unternehmen für Antriebssysteme das modernste Batterie-Labor Europas eröffnet. Professor Helmut List, Geschäftsführer des Konzerns, ist sichtlich stolz auf die Geschwindigkeit, mit der das Projekt realisiert wurde: "Nur die Blumen im Garten sind schneller gewachsen als dieses Labor."

Äußerlich wirken die zukunftsweisenden Batterie-Prüfstände eher wie sauber aufgeräumte Garagen, tatsächlich kommen modernste Technologien zum Einsatz. Auf 700 Quadratmetern können hier elektrische und thermische Batterie-Tests mit bis zu derzeit 750 KW beziehungsweise 1200 Volt durchgeführt werden. Die Zusammensetzung der aufwendigen Prüfstandspezifikationen ist auf diesem hohen Niveau in Europa einzigartig. Durch die hohen Türen und die beachtlichen Thermalkammergrößen ist auch das Testen von größeren Batterien möglich, also beispielsweise für Elektrobusse oder Lkw. Dabei entwickelt die AVL die Batterien sowohl im vollen Umfang als auch in Teilaspekten - beispielsweise Module, die auf Lithium-Solid-State-Zellen basieren und nicht auf den konventionellen Lithium-Ionen-Zellen.

Präzise Messwertein kurzer Testzeit

Das Unternehmen ist auf dem Gebiet der Batterietechnik kein Anfänger: Schon in den 90er Jahren entwickelte man die ersten Hybrid-Fahrzeuge. Den Grundstein für die aktuelle Entwicklung legte ausgerechnet die Wirtschaftskrise 2008/2009, als neue Strategien für die Zukunft entwickelt wurden. Deren vorläufiger Höhepunkt ist die Eröffnung des neuen Labors, so List, "ein Meilenstein in der weiteren Elektrifizierung des Antriebsstrangs bei AVL. Nun sind wir in der Lage, die ständig steigenden Anforderungen der Kunden mit hochpräzisen Messwerten in verkürzter Testzeit zu erfüllen."

Damit ist die AVL einmal mehr Vorreiter bei einem Thema, das sich auch die EU-Kommission mit ihrer "Europe On The Move" Strategie auf die Fahnen geheftet hat. Europa steht beim Thema E-Mobilität unter Zugzwang, speziell die asiatischen Länder haben in diesem Bereich derzeit die Nase vorne. In Deutschland hat sich Kanzlerin Angela Merkel dafür starkgemacht, mit den europäischen Partnern eine Batteriezellproduktion aufzubauen.

Über das "Wie" und das "Wann" herrscht jedoch Uneinigkeit. Einerseits steht die Frage im Raum, wie Deutschland sein Ziel erreichen kann, bis 2030 die Emissionen im Straßenverkehr um mindestens 40 Prozent zu senken. Andererseits zeigen die führenden Industrievertreter beim Thema Elektro-Antrieb spürbare Zurückhaltung. Grundtenor: Die Fertigung von Batteriezellen ist nicht die Aufgabe eines Autoherstellers.

In der Tat hat die Batteriezellproduktion eher mit Chemie zu tun denn mit klassischer Auto-Ingenieurskunst. Zudem ist sie kapitalintensiv und lohnt sich nur in der Massenproduktion.

Batterieentwickler sind fürdie Autobranche Konkurrenz

Noch überwiegt die Skepsis in der Autobranche, die in den Batterie-Entwicklern potenzielle Konkurrenten sieht: Viele Zellhersteller bauen schon jetzt komplette Antriebe, sodass die Autohersteller zukünftig in die Situation kommen könnten, nur noch ein Chassis um diese herum zu bauen.

Deutschland hat daher Fördergelder für mögliche Batteriezellen-Fabriken in Deutschland in Aussicht gestellt: "Wir sollten im Rahmen unserer strategischen Fähigkeiten auch mit anderen europäischen Ländern zusammen an einer eigenen Batteriezellenproduktion teilnehmen", so Kanzlerin Merkel. Die Hoffnungen ruhen in Deutschland derzeit auf Continental: Der Hannoveraner Zulieferer hat noch am ehesten ein Interesse an einem möglichen Einstieg bekundet.

Fast scheint es, als ob kleinere Unternehmen hier längst einige Schritte weiter sind als die arrivierten Platzhirsche. Allen voran ist ein Unternehmen aus Österreich zu nennen: Die Kreisel Electric GmbH & Co KG mit Sitz in Rainbach im Mühlkreis wurde 2014 von drei Brüdern gegründet und beschäftigt sich seitdem mit den Themen E-Mobilität, Batteriesysteme, Ladeinfrastruktur sowie stationäre Speichersysteme.

Kreisel als Vorzeigeunternehmen

Das Wachstum der Firma mutet dabei fast ein wenig unheimlich an: Schraubten Johann, Markus und Philipp Kreisel in den Gründertagen noch als Hobby in einer Garage herum, zählt man heute 125 Mitarbeiter. Das Hauptprodukt der jungen Firma ist eine Batteriezelle für die Automobilbranche zur Verwendung in Elektro- oder Hybridfahrzeugen, welche durch ein geringes Gewicht und eine hohe Kapazität punktet. Ähnlich wie bei Branchenführer Tesla Motors kommen bei Kreisel kleine Rundzellen zum Einsatz, die durch einen Laser verbunden werden.

Vor einem Jahr wurde die 7000 Quadratmeter große Zentrale eröffnet, seitdem werden dort Batteriespeicher zur Ausstattung von Pkw und Lkw, Bussen, Booten und sogar Flugzeugen produziert. Gerade erst hat das Unternehmen ein serienreifes, automatisiertes Zwei-Gang-Getriebe für Elektromobilitätanwendungen entwickelt - ein damit ausgestatteter Rennwagen schafft es von 0 auf 100 in 2,5 Sekunden.

Damit steht die Entwicklung auch sinnbildlich für den kometenhaften Aufstieg des Start-ups, das sich hohe Ziele gesteckt hat: "Wir wollen als Solution Provider die beginnende Elektrifizierung der Welt federführend mitgestalten und sind bereits heute in der Lage, unsere Vision einer elektrischen Zukunft schrittweise umzusetzen", so die Brüder.