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Jobhürde Uterus

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Die Frage nach dem Kinderwunsch ist im Job verboten - und trotzdem müssen sie Frauen oft beantworten.


Wien. "Ich hätte schon seit einem Jahr arbeiten können. Das ärgert mich dermaßen!", sagt Anna Mayer-Langdorf (Name von der Redaktion geändert, Anm.) "Ich habe an die 140 Bewerbungen geschrieben." Fast jedes Mal sei sie zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden. Und oft bekam sie die Frage gestellt, ob sie Kinder haben möchte. "Ich habe nicht gelogen und gesagt, dass ich Kinder nicht jetzt plane, aber langfristig schon. Ich wollte ehrlich und offen auftreten." Dann kam eine Absage nach der anderen.

Dass sie noch immer auf Jobsuche ist, führt Mayer-Langdorf auf den Umstand zurück, dass sie verheiratet und im gebärfähigen Alter ist. Für viele Arbeitnehmer ist das nach wie vor eine Horrorvorstellung. Dabei bringt sie alle notwendigen Qualifikationen mit. Die 32-Jährige hat eine abgeschlossene Ausbildung als Großhandelskauffrau, zehn Jahre Berufserfahrung und war durchgehend beschäftigt, mehrere Jahre beim gleichen Dienstgeber. "Mit Anfang 20 war die Jobsuche überhaupt kein Problem."

30, liiert, kinderlos - das sind nicht die besten Voraussetzungen bei der Jobsuche. Der Grund: Die potenzielle Bewerberin ist im gebärfähigen Alter und könnte schwanger werden oder schon schwanger sein. Deshalb blitzen viele junge, durchaus hochqualifizierte Frauen bei der Jobsuche ab. "Sie haben mir nie schriftlich gesagt, dass ich den Job nicht bekomme, weil ich schwanger werden könnte. Wenn ich aber am Telefon nachgefragt habe, hieß es manchmal: Sie haben halt noch keine Kinder, sind aber im besten Alter", erzählt sie.

Lügen für den Job

Wie Anna geht es vielen jungen Frauen. "Ich wurde schon direkt und indirekt beim Vorstellungsgespräch nach der Familienplanung gefragt", erzählt eine 33-jährige Juristin. "Ich habe einfach gelogen, dass ich keine Kinder bekommen kann. Sonst hätte ich wohl bis heute keinen Job", sagt sie. Auch eine 28-jährige Werbefachfrau erzählt, dass sie während der Jobsuche immer wieder nach Kindern gefragt wurde.

Gemäß dem Gleichbehandlungsgesetz sind Fragen zur Schwangerschaft oder der Familienplanung ebenso wie Fragen zur sexuellen Orientierung oder zum Gesundheitszustand in Vorstellungsgesprächen verboten. "Dieses Thema ist uns durchaus bekannt. Frauen melden sich immer wieder bei uns und berichten, dass sie danach gefragt wurden und dann den Job nicht bekommen haben", sagt Bianca Schrittwieser von der Abteilung Frauen und Familie in der Arbeiterkammer Wien. "Das sind unzulässige Fragen, und man muss hier nicht wahrheitsgemäß antworten", sagt sie. Sie rät sogar Frauen, die Frage nach dem Kinderwunsch eher zu verneinen, wenn diese gestellt wird.

Theoretisch können sich Frauen rechtlich zur Wehr setzten, wenn sie wegen einer Schwangerschaft oder der Möglichkeit, schwanger zu werden, den Job nicht bekommen. Wenn eine Bewerberin den Job nur deswegen nicht bekommt, hat diese Anspruch auf zwei Monatsgehälter Schadenersatz. Und auch, wenn sie den Job auch so nicht bekommen hätte, das Thema ihr aber negativ angelastet wurde, stehen ihr 500 Euro Schadenersatz zu. Praktisch passiert das aber nur sehr selten. "Es ist schwierig, diese Art der Diskriminierung nachzuweisen", sagt Schrittwieser. Arbeitgeber wissen, dass sie Bewerberinnen nicht nach deren Kinderwunsch fragen dürfen, und geben das auch nicht als Grund in einer schriftlichen Absage an. Meist kommt keine Antwort, selten kommt mündlich eine Begründung. Und dann steht Aussage gegen Aussage.

Schrittwieser rät Frauen dennoch, dagegen vorzugehen und die Gleichbehandlungsanwaltschaft einzuschalten. Der Senat 1 (zuständig für die Privatwirtschaft) der Gleichbehandlungskommission verzeichnet jährlich an die 90 Einträge wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. "Wenn wir einen Fall verfolgen sollen, brauchen wir konkrete Indizien", sagt Gleichbehandlungsanwältin Sabine Wagner-Steinrigl. Die bloße Vermutung reiche dabei nicht, sehr wohl aber die Frage nach Kindern im Vorstellungsgespräch. Ob man Erfolg hat, hänge davon ab, wie glaubhaft die Klägerin die Diskriminierung machen kann.

"Eine Randerscheinung ist das nicht", sagt die Anwältin. Es sei zwar kein Massenphänomen, und die meisten Frauen bringen Vorkommnisse erst gar nicht zur Anzeige. Aber immer wieder kämen Beschwerden. "Es haben sich auch Frauen an uns gewandt, die nach einer Fehlgeburt gekündigt wurden." Schrittwieser von der Arbeiterkammer sagt ebenfalls, dass Schwangerschaften im Job manchmal zum Nachteil werden. Etwa, wenn die Angestellte in der Probezeit schwanger wird. Oder wenn der Arbeitgeber mitbekommt, dass sie versucht, schwanger zu werden.

Tabu für Unternehmen

"Die Frage nach der Familienplanung ist unzulässig. Und in Zeiten des Fachkräftemangels können wir es uns auch nicht leisten, auf gut ausgebildete Frauen zu verzichten", sagt Ursula Schaller, Filialleitern des Personalvermittlers Trenkwalder in Wien. Ab und zu käme es vor, dass Unternehmen keine Frauen im gebärfähigen Alter wollen.

"Die Nicht-Planbarkeit erzeugt bei manchen Unternehmern Sorgen, dass die Angestellte bald schwanger wird und sie wieder jemanden für die Stelle suchen müssen", sagt Schaller. In kleineren Betrieben sei das ein Thema, dass die Frauen bis zu zwei Jahre ausfallen und danach nur in Teilzeit zurückkehren. "Die Verweildauer von Müttern in Unternehmen ist oft viel länger als zum Beispiel von ungebundenen jungen Männern, die sich oftmals rasch wieder nach neuen Herausforderungen umsehen." Zudem seien Mütter in der Regel sehr produktiv und verlässlich. Dennoch sei das Thema immer noch mit Ängsten behaftet.

Die Familienplanung bringt aber nicht nur für Frauen berufliche Nachteile. Auch Männer, die in Karenz gehen möchten, müssen manchmal mit negativen Konsequenzen rechnen, erklärt Schrittwieser. Väter müssen spätestens drei Monate vor Karenzantritt diesen dem Arbeitgeber mitteilen. Vier Monate davor und während der Karenz haben sie einen Kündigungsschutz. "Wir hatten schon Fälle, in denen der Vater die Karenz aus Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber sehr früh bekanntgab und dann gekündigt wurde", sagt sie.

Und auch eine abgeschlossene Familienplanung kann einem zum Nachteil gereichen, wie die promovierte Biologin und dreifache Mutter Maria T. erzählt. Zwei Jahre war sie nach ihrer Karenz auf Jobsuche. "Als ich sagte, ich hätte schon drei Kinder und plane keine weiteren, hieß es oft: Die werden sicher dauernd krank und dann müssen Sie erst recht zu Hause bleiben", sagt sie. Auch Fragen nach der Kinderbetreuung sind übrigens nach dem Gleichbehandlungsgesetz unzulässig.