
Verlage, damit sich ein Buch gut verkauft. - © wojtek - Fotolia
Wien. Hinter einem Bestseller steckt meist geschicktes Marketing: Von den über 10.000 Büchern, die pro Jahr in Österreich neu erscheinen - im gesamten deutschsprachigen Raum sind es an die 110.000 -, schaffen es nur wenige zum Verkaufserfolg. Es reicht nicht, in den Branchenmedien und in den Flugblättern der Buchhändler zu werben. Gute Erfolgschancen haben Autoren in Trend-Genres, die eine Eigendynamik bekommen - etwa im Fahrwasser der Vampir-Romanreihe "Biss zum . . ." von Stephenie Meyer oder der Fantasy-Reihe "Eragon" von Christopher Paolini. Vorausgesetzt, Inhalt und Stil sind ansprechend, braucht es einen Autor, der sein Buch auch vermarkten will - und bereit ist, Lesungen zu halten oder bei Diskussionen aufzutreten.
Durch gezielte Pressearbeit werden Autoren und ihre Bücher in den Medien vorgestellt - mittels Interviews, Fernsehauftritten, Autorenporträts oder Homestorys, beschreibt Barbara Brunner, die sich mit ihrem Salzburger PR-Büro auf die Öffentlichkeitsarbeit für Verlage spezialisiert hat.
Schlange stehen für Neuerscheinungen als Event
Die Verlage setzen eine komplexe Maschinerie von der Produktion bis zum Marketing in Gang - mitunter prangt auch der Aufkleber "Bestseller" an einem Buch. Mittels ausgeklügelter PR-Pläne und Sperrfristen, bei deren Nichteinhaltung mitunter Strafen drohen, steuert der Verlag die Berichterstattung. Hinter dem aktuellen Bestseller-Roman "Schoßgebete" von Charlotte Roche steckt zum Beispiel ein PR-Plan mit Exklusivinterviews, TV-Auftritten und einer Lesereise.
Selten ist ein Hype wie um die "Harry Potter"-Reihe, deren siebenter und letzter Band am 22. Juli 2007 eine Minute nach Mitternacht britischer Zeit erschien. Londoner Buchhandlungen luden zum Schlangestehen in Kostümen und zu einem Unterhaltungsprogramm wie einer Magierschau. Zuvor wurde das Ende der Saga für Millionen von Euro wie in einem Hochsicherheitstrakt gelagert - trotzdem war eine angebliche Raubkopie ins Internet gelangt.
Eine weitere wichtige Zutat im Rezept für einen Bestseller sind Veranstaltungen rund um das Buch: Brunner präsentierte ein Buch über Genuss mit einer Genussverkostung, ein Buch über Salzburg garnierte sie mit einem Salzburg-Quiz. "Man muss sich schon etwas einfallen lassen, ohne aber in die Event-Falle zu tappen. Manchmal verstellt die ausgefallene Inszenierung den Blick auf das Wesentliche, nämlich das Buch und seinen Autor", sagt Brunner.
Der deutsche Autor Frank Schätzing setzt hingegen voll auf Inszenierung und macht seinen aktuellen Science-Fiction-Thriller "Limit" zum Event, indem er in einer Multimedia-Show ein mögliches Zukunftsszenario des Jahres 2025 zeichnet.
Eine gewichtige Rolle spielen auch die Buchhändler bei der Vermarktung von Neuerscheinungen. Im Handel geht der Trend dahin, Konsumwelten zu schaffen: "Bücher brauchen im Verkauf eine massive Unterstützung und Inszenierung", sagt Thalia-Geschäftsführer Josef Pretzl. Die Buchhandelskette präsentiert in seinen 35 Filialen in Österreich Bücher mit anderen Artikeln vom Olivenöl bis zum Tee gemeinsam in Themenwelten. Laufend werden zudem Lesungen und Signierstunden zu Neuerscheinungen organisiert. Der US-Rapper 50 Cent kam zum Beispiel zur Präsentation seines Buches "Geld Macht Freiheit" für eine Signierstunde mit Konzert in ein oberösterreichisches Einkaufszentrum.
Neben den Bestsellern, die in den Filialen prominent präsentiert werden - gereiht nach den Verkaufszahlen bei Thalia -, sei auch die persönliche Empfehlung von Bekannten oder Buchhändlern entscheidend, heißt es von Thalia.
Können Verkaufserfolge programmiert werden?
Kann ein Verlag Bestseller vorausplanen? Professor Erich Witte, Leiter des Bereichs Sozial-, Medien- und Wirtschaftspsychologie an der Uni Hamburg, meint zur Nachrichtenagentur dpa: "Zu 90 Prozent ist ein Bestseller machbar." Allerdings unter der Bedingung, dass das Thema viele Menschen anspricht und zum Zeitgeist passt.
PR-Profi Brunner ist anderer Meinung: "Es gab oftmals Bücher, in die ein Verlag eine Menge Werbegeld gesteckt hat und die trotzdem keine Bestseller geworden sind. Und es gibt immer wieder Bücher, von denen ein Verlag gar nicht so viel erwartet und die von den Lesern zu Bestsellern gemacht werden."