Wien. (sf) In manchen Arbeitsverträgen ist festgeschrieben, dass das Arbeitsverhältnis (spätestens) mit Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters automatisch endet. Dienstgeber können durch so eine Klausel eine gesonderte Kündigung umgehen und ersparen sich die Einhaltung von Fristen und Terminen sowie die Gefahr von Kündigungsanfechtungen.
Solche Befristungen, die an das Pensionsalter gebunden sind, sind laut einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) als Frauen-Diskriminierung anzusehen und daher bei weiblichen Beschäftigten grundsätzlich unwirksam (Urteil OGH 26.06.2014, 8 ObA 69/13z). Die Ursache dafür ist, dass in Österreich das gesetzliche Regelpensionsalter vom Geschlecht abhängt: Für Frauen liegt es bei 60, für Männer bei 65 Jahren. Diese Ungleichbehandlung beim Pensionsalter, die erst ab 2024 stufenweise beseitigt werden wird, stützt sich auf ein eigenes Bundesverfassungsgesetz, informiert Jurist und Autor Rainer Kraft.
Arbeitswillige Frauen
können klagen
Betroffene arbeitswillige Frauen können daher laut Kraft fordern, auch über das 60. Lebensjahr hinaus weiter beschäftigt zu werden. Der Oberste Gerichtshof folgt insoweit der Rechtsansicht des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 12.09.2013, C-614/11). Im Fall des aktuellen Urteils war die Klägerin seit 1. März 1967 in einer Kammer beschäftigt - zunächst im Rahmen eines unbefristeten Angestelltenverhältnisses, ab Anfang 1980 vereinbarte sie die erstmalige und einzige Befristung ihres Arbeitsverhältnisses, die mit einem Verzicht der Beklagten auf ein Kündigungsrecht verbunden war. Für die Befristung wurde eine allgemein verwendete "Vertragsschablone" (Dienst- und Besoldungsordnung) herangezogen. Diese regelte: "Der männliche Dienstnehmer tritt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem er das 65., der weibliche Dienstnehmer mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem er das 60. Lebensjahr vollendet hat, in den dauernden Ruhestand." Die Mitarbeiterin vollendete ihr 60. Lebensjahr im Jahr 2008. Sie zählt nicht zu den pensionsberechtigten Dienstnehmern.
Die Klägerin wurde am 18. Juli 2008 informiert, dass ihr Ansuchen auf Beschäftigung auch über das Pensionsantrittsalter hinaus nicht genehmigt wurde. Das Arbeitsverhältnis gelte somit mit Ende des Jahres 2008 als aufgelöst. Der Arbeitgeber betonte, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch Versetzung in den Ruhestand oder Kündigung, sondern automatisch durch Zeitablauf geendet habe. Aus juristischer Vorsicht kündigte man das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2009.
Der OGH schloss sich der Entscheidung des Berufungsgerichtes an. Dieses hatte festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2008 hinaus aufrecht fortbestehe. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärte es für rechtsunwirksam.
Ein etwas schaler Beigeschmack bleibt dennoch, meint Rainer Kraft: Dienstgebern werde verboten, was dem Gesetzgeber erlaubt ist. "Während den Dienstgebern die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Beendigung von Dienstverhältnissen (zu Recht) untersagt wird, darf der Gesetzgeber - dank eines eigenen Verfassungsgesetzes - bei den Pensionen ausdrücklich diskriminieren."