Washington DC. Drei österreichische Forschende, die in den USA tätig sind, wurden am Samstagabend in der US-Hauptstadt Washington von Wissenschaftsminister Heinz Faßmann mit dem Ascina-Award ausgezeichnet. Der Preis wird alljährlich an heimische Forscher für exzellente wissenschaftliche Leistungen in Nordamerika verliehen. Ausgezeichnet wurden heuer die Psychologin und politische Theoretikerin Claudia Leeb, die Medizinerin Jelena Todoric und der Elektrotechniker Andreas Pedross-Engel.
Die Preisverleihung bildet den Abschluss der Austrian Research and Innovation Talks (ARIT), die heuer zum 15. Mal in Washington DC über die Bühne gingen. Der Ascina-Award wird vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und dem Verein Ascina (Austrian Scientists and Scholars in North America) verliehen. Ausgezeichnet werden junge Forscher für exzellente Publikationen an nordamerikanischen Forschungseinrichtungen. Die Begutachtungen der heuer 18 Einreichungen aus allen Forschungsdisziplinen wird vom Wissenschaftsfonds FWF durchgeführt.
Der mit 10.000 Euro dotierte "Junior Principal Investigator"-Award ging an Claudia Leeb (49) für ihr im Vorjahr bei Oxford University Press erschienenes Buch "Power and Feminist Agency in Capitalism: Toward a New Theory of the Political Subject". Claudia Leeb analysiert kapitalistische Machtstrukturen, die Frauen aus der Arbeiterklasse und aus Minderheiten unterdrücken, sowie "Momente, in denen die Handlungsfähigkeit möglich wird", sich der totalen Unterwerfung zu widersetzen und aufzubegehren. "Das sind oft Momente des Schmerzes", sagte Leeb am Rande der Preisverleihung vor Journalisten. Der Schmerz wiederum mache ein Umdenken möglich, das es ermöglicht sich doch nicht unterjochen zu lassen. "Anstatt bürgerlich zu reagieren und wegzulaufen, gründet man eine Bewegung, ein politisches Kollektiv", erklärte Leeb am Rande der Preisverleihung vor Journalisten. Beispielhaft könnte man sagen, es gehe Leeb um Momente wie jenen, in dem die schwarze Bürgerrechtlerin Rosa Parks sich weigerte, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Fahrgast zu räumen, und zur Ikone der afro-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den USA wurde.
Leeb wurde als Tochter eines Arbeiters und einer Putzfrau im oberösterreichischen Vöcklabruck geboren. Sie absolvierte ein Doktoratsstudium im Fach Psychologie an der Universität Wien und einen PhD in Politischer Theorie an der New School for Social Research. Leeb ist derzeit an der School of Politics, Philosophy and Public Affairs der Washington State University in Pullman im US-Staat Washington tätig und tritt demnächst eine Laufbahnstelle als Assistenzprofessorin an. Bei der Preisverleihung dankte sie dem österreichischen Staat "für meine Ausbildung, die es mir erlaubte bis nach Amerika zu kommen, ohne mich zu verschulden." Davon können US-Studierende angesichts hoher Studiengebühren notwendig gewordener Studentenkredite "nur träumen". Leebs neues Buch "The Politics of Repressed Guilt: The Tragedy of Austrian Silence", ist heuer bei Edinburgh University Press erschienen. Es ist eine philosophische Untersuchung des Umgangs mit Schuld im Bezug auf den österreichischen Nationalsozialismus. Die Preisträgerin zeigt auf, wie wichtig es für Nationen ist, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Andernfalls habe das Auswirkungen auf die gegenwärtige Demokratie mit der Gefahr, dass sich die Vergangenheit wiederhole.