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Der Link zwischen Naturwissenschaft und Sozialwissenschaft

Von Alexandra Grass

Wissen

Die beiden Wittgenstein-Preisträger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".


"Wiener Zeitung": Was war Ihr erster Gedanke, als Sie von der Auszeichnung erfahren haben?

Michael Wagner: Als ich es kapiert habe, war es einfach nur Freude, dann Dankbarkeit und Entspannung. Ich stand mit meinem Sohn im Sonnenschein, südlich von München. Das war schon ein Gänsehautmoment.

Philipp Ther: Mich hat der Anruf bei einem Waldlauf in New York erreicht. Daher war ich etwas außer Atem. Aber ich habe mich riesig gefreut. Nicht nur für mich, sondern auch für die Forschergruppe, die ich jetzt aufbauen kann. Dass man einigen jungen Kollegen auch eine etwas längere Perspektive bieten kann.

Ihre Forschungsgebiete spiegeln sich in einer aktuell brisanten Zeit: Migration, Klimawandel. Was meinen Sie, beitragen zu können?

Wagner: Ich bin Grundlagenforscher. Wir wollen verstehen, wie Mikrobengemeinschaften funktionieren. Im Menschen, in der Natur. Mikroben machen Treibhausgase, verstoffwechseln aber auch. Sie können helfen, den Klimawandel zu dämpfen, andererseits beschleunigen sie ihn. Wenn man das besser versteht, kann man Systeme bauen, die weniger Treibhausgase ausstoßen. Oder in der Landwirtschaft Veränderungen herbeiführen. Antreiben tut mich die Neugierde. Ich möchte es einfach verstehen.

Ther: Grundsätzlich ist meine Forschung keine politische oder politisierende, sondern auch Grundlagenforschung. Ich glaube aber, dass es sehr wichtig ist, auch die Geschichte von Flüchtlingen besser zu kennen. Zudem kann man aus der Geschichte lernen - zumindest in der Hinsicht, dass man die gröbsten Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt. Im Moment ist das Problem, dass die westlichen Demokratien mit einer Renaissance des Nationalismus konfrontiert sind und sie das lähmt und von viel wichtigeren Themen ablenkt - etwa dem Klimawandel, der ja auch zu Migration führt.

Was war die Initialzündung für Ihre Forschungstätigkeit?

Wagner: Ich bin über eine Wiese gegangen und habe entschieden, ich studiere Biologie, um Zoologe zu werden. Dann habe ich Vorlesungen über Bakterien gehört. Das war, wie wenn man auf einem neuen Planeten landet. Da wusste ich, diese Parallelwelt möchte ich besser verstehen.

Ther: Es gibt eine starke biografische Komponente. Als Kind der 89er habe ich in Prag zentrale Momente der Revolution miterlebt. Das war mein Antrieb.