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Hannes Androsch plädiert für mehr Interesse an der Forschung

Von Eva Stanzl

Wissen

Der ideale Zukunftsfonds ist unabhängig von der Budgetpolitik.


"Wiener Zeitung": Eine Förderdatenbank, eine Forschungsstrategie, ein Forschungsfinanzierungsgesetz für langfristige Planbarkeit und eine Exzellenzstrategie für Top-Grundlagenwissenschaft: All dies hatte die ÖVP-FPÖ-Koalition vor, um Österreich unter Europas Top-Innovatoren zu etablieren. Letztlich wurde nichts davon durchgeführt. Warum?Hannes Androsch: Auch die Regierungen davor haben all diese Maßnahmen zwar angekündigt, aber nicht beschlossen. Wir kicken eine leere Blechdose immer weiter: Große Ankündigung im August des Vorjahres, man würde einen Gipfel für Forschung, Technologie und Innovation im Frühjahr einberufen, der dann im Mai still abgesagt wurde und jetzt vor dem nächsten Jahr nicht vorstellbar ist. Also haben wir wieder zwei Jahre verloren.

Wo spießt es sich?

Es spießt sich am politischen Desinteresse und einem Mangel an Mut und Willen, sich der Zukunftsgestaltung zuzuwenden. Man bewegt sich nur in Alltagsblödeleien.

Die Übergangsregierung beschließt derzeit eine Reihe von Maßnahmen. Könnte sie sich nicht der Forschung zuwenden?

Die Übergangsregierung bräuchte die Mittel dazu. Wir haben eine schizophrene Budgetpolitik. Sie besteht darin, dass wir bei einer Höchst-Gesamtsteuerbelastung, einer abenteuerlich starken kalten Progression und einer Überbesteuerung von Löhnen und Gehältern keine wirklich soliden Finanzen zustande bringen. Andere Länder haben bei der guten Konjunktur und geringeren Belastungen beträchtliche Überschüsse erzielt und mehr für die Zukunft gemacht. Also kann etwas an unserer Ausgabengestaltung nicht stimmen. Wir haben Konsumausgaben im Budget, aber wichtige Bereiche wurden einer geradezu rigiden Austerität unterworfen. Das Ergebnis: Die Landesverteidigung ist pleite, die Justiz stirbt einen stillen Tod und Wissenschaft, Forschung und Innovation sind chronisch zu gering dotiert.

Der Forschungsrat sagt das seit Jahr und Tag. Warum hört man nicht zu?

Papier ist geduldig und die Politik diesen Zukunftsthemen gegenüber gleichgültig. Dass es anders auch geht, beweisen die Akademie der Wissenschaften, das Austrian Institute of Technology und das Institute of Science and Technology Austria. Diese Institutionen haben einigermaßen längerfristig gesicherte Ressourcen, sind in ihrer Gestaltung weitgehend autonom und es funktioniert. Auch für andere Bereiche muss man unabhängig vom Budget entsprechende finanzielle Rahmen für die nächsten zehn Jahre festlegen, um die noch zu fixierende Forschungsstrategie zu unterfüttern, die uns zu den führenden Innovationsländern aufschließen soll. Wir müssen verhindern, dass wir ins Mittelfeld zurückzufallen, mit allen Folgen für Standortattraktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung.

Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die erfolgte Erhöhung der Universitätsbudgets?

Es handelte sich um eine Erhöhung für die laufenden Ausgaben, aber keine wirkliche Verbesserung. Das ist besser als nichts, aber verglichen mit den Universitäten in Heidelberg, Karlsruhe und Zürich vernachlässigbar.

Wie viel Geld brauchen wir und woher soll es kommen?

Ich stelle mir vor, dass man einen Zukunftsfonds gestaltet, der unabhängig von der Budgetpolitik ist. Angesichts der Tatsache, dass wir einen Leistungsbilanzüberschuss haben, im öffentlichen Bereich mehr sparen als investieren und sprudelnde Steuereinnahmen bei einer Höchststeuerbelastung verzeichnen, lässt sich dieser Fonds dotieren. Ähnlich wie in der Christian Doppler-Gesellschaft sollte man mit der Industrie Public Private Partnerships machen und in Anbetracht der niedrigen Zinsen Kredite aufnehmen. Bei der derzeit geringen Belastung würden aus der Tätigkeit über zehn Jahre mehr Steuereinnahmen entstehen, als die Schuldenbedienung verlangt. Für die Infrastruktur von Bahn und Straße macht man es nicht anders. Würde man diese Maßnahme auch für Wissenschaft, Forschung und Innovation setzen, käme es auch der nächsten Generation zugute.



Es soll also Geld, das derzeit für andere Dinge ausgegeben wird, in den Fonds fließen?

Der Finanzminister soll einen Teil der Mehreinnahmen hergeben, damit Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsame Projekte entwickeln können. Kredite bei niedrigen Zinsen würden sich aus den daraus folgenden Steuereinnahmen über einen gewissen Zeitraum selbst zurückverdienen.

Wie hoch soll der Zukunftsfonds dotiert sein?

Der Zukunftsfonds sollte ein Volumen von 30 Milliarden Euro auf zehn Jahre haben. Das ist pro Jahr drei Milliarden Euro für die Forschung und somit ohnehin bescheiden. Noch besser wären 50 Milliarden Euro.

Das Forschungsfinanzierungsgesetz wird jetzt zum Forschungsrahmengesetz. Die Inhalte seien da, lediglich der Finanzierungspfad müsse von der neuen Regierung eingesetzt werden, betont Infrastrukturminister Andreas Reichhardt. Wie sinnvoll ist die Umbenennung?

Es ist zu begrüßen, dass wenigstens dieser Teil des Gesamtkonzeptes in die Begutachtung kommt. Aber es unterstreicht die Notwendigkeit eines Zukunftsfonds, ohne dessen Unterfütterung die Finanzierung nicht funktioniert.



Welche Empfehlungen geben Sie der neuen Bundesregierung noch mit?

Dass das, was seit Jahren an Konzepten vorliegt, wie zuletzt im August des Vorjahres zusammengefasst zur Umsetzung kommt, und zwar in einer Weise, wie die Forschung es braucht: mit Planbarkeit, Langfristigkeit und den entsprechenden Mitteln.

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