Mit der 51-jährigen deutschen Biologin Katrin Vohland übernimmt erstmals eine Frau die Leitung des Naturhistorischen Museum (NHM) Wien. Sie löst am 1. Juni den Meteoritenforscher Christian Köberl an der Spitze des Hauses ab, das er zehn Jahre geleitet hat. Neben dem Museums- und Forschungsbereich bringt Vohland auch Erfahrung als grüne Landespolitikerin und in Sachen Bürgerwissenschaften mit.
Über ihre Bestellung freute sich die Biologin "unglaublich". Sie wisse, dass das mit sehr großer Verantwortung verbunden sei, "weil es um ein besonderes Haus geht". Das NHM sei "ein echtes Forschungsmuseum", am Haus reize sie vor allem seine starke Interdisziplinarität, mit der es "ein großes Potenzial hat, die Fragen der Zukunft zu beantworten". Sie habe den Eindruck, dass das NHM auf einem Weg sei, sich stärker zu öffnen, und es habe die Forschung stark aufgebaut, dieser Weg sei richtig, so Vohland in einem Gespräch mit der APA.
Anliegen Wissenstransfer
Eines ihrer Anliegen ist der Wissenstransfer. Dieser müsse strategisch ausgerichtet sein an dem, was das Museum forscht. "Dann kann man sehr konzentriert überlegen, was ist wichtig für die Ausstellungen, welche Formate erarbeite ich für Schülerinnen und Schüler, wo ist die Wirtschaft interessiert."
Die am 29. September 1968 in Hamburg geborene Wissenschafterin studierte Biologie in Bielefeld und Bayreuth, wo sie im Bereich Tierökologie mit einer Diplomarbeit zum Thema "Ressourcennutzung und Verhalten eines Marienkäfers" abschloss. Ab 1995 folgte eine vierjährige Tätigkeit in der Abteilung Tropenökologie am Max-Planck-Institut für Limnologie in Plön, im Rahmen derer sie etwa im Amazonasgebiet zu Artenbildung und Biodiversität forschte. Das war auch das Thema ihrer Dissertation, mit der sie 1999 an der Uni Kiel promovierte.
Ihren wissenschaftlichen Weg führte die dreifache Mutter am Museum für Naturkunde Berlin (MfN) fort, wo sie zur Artenvielfalt und Landnutzung im südlichen Afrika forschte. 2005 wechselte sie an den Lehrstuhl Vegetationsökologie und Naturschutz der Uni Potsdam. Zwischen 2006 und 2009 war Vohland am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) für das Projekt "Schutzgebiete Deutschlands im Klimawandel - Risiken und Handlungsoptionen" verantwortlich.
Seit 2009 war die Biologin durchgehend am MfN tätig und übernahm dort 2012 die Leitung des Forschungsbereichs "Wissenschaftskommunikation und Wissensforschung" und die Leitung der Abteilung "Wissenschaft in der Gesellschaft". In den vergangenen Jahren war Vohland vor allem im Bereich "Bürgerwissenschaften" (Citizen Science) wissenschaftlich aktiv und engagierte sich im Aufbau des "Netzwerk-Forum Biodiversitätsforschung Deutschland" (NeFo). Die Wissenschafterin unterhält auch Verbindungen nach Österreich: So ist sie Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Nationalparks "Hohe Tauern" und Teil des Beirats der "Österreichischen Citizen Science Konferenz 2020".
Parteimitgliedschaft ruhend
Seit den 1990er Jahren ist Vohland auch bei den deutschen Grünen (Bündnis 90/Die Grünen) aktiv. Von 2005 bis 2007 war sie gemeinsam mit Axel Vogel Parteivorsitzende des Landesverbandes der Grünen im deutschen Bundesland Brandenburg. Letztes Jahr kandidierte sie für die Landesliste der Grünen in Brandenburg. In ihrer "Bewerbung" für die Landesliste im Kreisverband Potsdam strich Vohland vor allem das Thema "Gerechtigkeit" - auch aus dem Blickpunkt schwindender Artenvielfalt - heraus. Laut Staatssekretärin Ulrike Lunacek wird Vohland ihre Parteimitgliedschaft ruhend stellen.