Mit der Idee, flüchtige Quanteninformationen in winzige Strukturen aus Halbleiter-Materialien einzuschreiben, befassen sich Linzer Physiker seit Jahren. Der Vorteil des Ansatzes besteht darin, dass man bei der Konstruktion eines Quantencomputers in der Halbleiter-Welt der herkömmlichen Elektronik bleiben könnte. Bisher konnten die Quanteninfos in solchen Strukturen kaum erhalten werden. Nun haben Forscher die Speicherzeit deutlich ausgedehnt - auf 0,1 Millisekunden.
Das Team um Armando Rastelli vom Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik der Universität Linz beschäftigt sich mit der Herstellung von Halbleiter-Nanostrukturen und speziellen Quantenpunkten darin. Diese Objekte bestehen aus einigen Tausend Atomen, die sich im Verbund wie ein künstliches "Makroatom" verhalten. Das Linzer Team und Kollegen hat in den vergangenen Jahren u.a. gezeigt, dass sich dort Quanteninformationseinheiten (Qubits) herstellen lassen.
So gut sie als Qubit-Quellen zu gebrauchen sind, umso schlechter eignen sie sich jedoch als Speicher, heißt es am Freitag in einer Aussendung der Uni Linz. Damit Quanteninformation aber in einem künftigen Rechner auf Basis dieser Technologie auch sinnvoll genutzt werden kann, braucht es Möglichkeiten, sie länger festzuhalten.
Spezielles Material eingesetzt
Will man die Quanteninfos etwa im Drehimpuls - dem Spin - eines Elektrons einschreiben, sei dies nur äußerst kurz möglich, "was durch Wechselwirkungen der Elektronen und dem Rauschen von Atomkernen verursacht wird", erklärte Rastelli. Wird diese Wechselwirkung nicht unterdrückt, geht der Elektronenspin in nur rund drei Nanosekunden verloren.
Nun versuchte das Team um Forscher der Universitäten Cambridge, Oxford und Sheffield (alle Großbritannien) diese unzufriedenstellende Situation mit einem speziellen Material zu überwinden, das eine Spezialität der Linzer Gruppe um Rastelli, Santanu Manna, Saimon Covre da Silva und Christian Schimpf ist. Die Physiker setzten dazu eine Methode ein, mit der das Elektron sozusagen wieder an seinen Drehimpuls erinnert wird. "Diese Aufmerksamkeit-Wiederbelebung funktioniert aber nur, wenn sich die Atomkerne einigermaßen 'gut verhalten'. Das ist der Fall bei unseren Quantenpunkten", erklärte Rastelli.
Im Fachjournal "Nature Nanotechnology" berichten die Physiker nun von ihren Beobachtungen mit dem Galliumarsenid aus Linz. Die Proben für die Untersuchungen kamen aus dem dortigen Reinraum. Die Tests offenbarten tatsächlich eine um den Faktor 100 verlängerte Speicherdauer.
Von Zeiten, die für handfestere technische Anwendungen gebraucht würden, ist man mit einer Dauer von lediglich 0,1 Millisekunden zwar immer noch ein Stück weit entfernt. Trotzdem seien die Ergebnisse durchaus "spektakulär", so Rastelli. Man habe gezeigt, "dass bei richtiger Materialwahl und Vorgehensweise Halbleiter-Nanostrukturen durchaus Potenzial aufweisen", so Rastelli, der vor rund 20 Jahren begann mit diesem "exotischen System" zu arbeiten, das nun seine Möglichkeiten offenbare. (apa)