Wien.
Diplomand des Quantenphysikers Anton Zeilinger wechselte zur Kunst.
Die Erklärung erweckt durchaus Fantasien. Anekdoten, wonach Forscher bahnbrechende Ideen beim Kaffeeautomaten im Gespräch mit Kollegen zeitigen, gewinnen plötzlich an Substanz. Zeigen die Diagramme eine mögliche Vorstufe zum Beamen? Schumm, Träger eines European Research Grant für talentierte Nachwuchsforscher, drückt es etwas anders aus: "Beamen" wolle man weniger die Materie selbst als deren Quantenzustand. Das Experiment beziehe sich auf einzelne Atome, die sich im Quantenzustand anders verhalten als komplexe Massen aus tausenden Teilchen, denn Atome hätten nur wenige Quanten-Zustände, die leicht zu kontrollieren seien - was den Versuch erst möglich mache. So weit, so komplex - und ein Atom ist also nicht komplex.
Quanten sind ein flüchtiger Zustand der Materie
"Große Moleküle und komplexere Massen können viel mehr Quanten-Zustände einnehmen. Mit der Komplexität der Masse steigt die Schwierigkeit, ein kontrolliertes Experiment durchzuführen, exponentiell derart, dass sie bei Menschen nicht mehr fassbar wäre", erklärt Hannes-Jörg Schmiedmayer, Vorstand des Atominstituts. Schon allein deswegen hätten die Diagramme auf der Tafel mit der Teleportation, also dem Transport einer Person oder eines Gegenstandes von einem Ort zum anderen, ohne dass das Objekt physisch den dazwischen liegenden Raum durchquert, nichts zu tun. Viel zu schwierig wäre es, zu messen, was dabei passiert. Noch.
Johannes Majer von der Abteilung für Atomphysik und Quantenoptik stößt zu den Kaffeetrinkern. "Um einen Quantenzustand zu behalten und zu messen, muss er sehr isoliert sein vom Rest der Welt. Es ist ein fragiler Zustand für kurze Zeit", wirft er ein. Und: "Die Biologie ist zu sehr an ihre Umwelt gekoppelt, als dass sie einen Quantenzustand gut überleben könnte. Menschen tauschen dauernd Millionen von Teilen mit der Umgebung aus." Mit jedem Atemzug gehen Millionen von Sauerstoff- und Stickstoff-Atomen in die Lunge und wieder hinaus. Allerdings, räumt Majer ein, "könnte man quantenmechanische Systeme vielleicht auch größer machen. Immerhin haben wir früher nur winzige Elektronen zu Quanten gemacht, heute sind es Atome." Wo liegen die Grenzen?
Die Tafel-Diagramme drehen sie sich um Albert Einsteins spukhafte Fernwirkung und die Quantenverschränkung. Demnach können zwei oder mehr verschränkte Teilchen nicht als einzelne Teilchen beschrieben werden, sondern nur das Gesamtsystem als solches. Jedoch lassen sich die Abhängigkeiten zwischen den bei einer Messung auftretenden Zuständen der Einzelteilchen angeben.
Dies führt zu Beziehungen zwischen physikalischen Eigenschaften innerhalb von Systemen: Etwa bedeutet ein verschränkter Zustand zweier Photonen, dass die Lichtteilchen zum Zeitpunkt der Messung gemeinsame Eigenschaften haben. Dem Wiener Physiker Anton Zeilinger gelang es, die Eigenschaften zweier verschränkter Photonen, die sich an je einem Ufer der Donau befanden, als ident zu messen. "Wir möchten dasselbe mit Teilchen machen, die Masse haben", sagt Schumm.
"Tiere, Bäume, Planeten, ein Kaffeehäferl: Jedes Objekt ist in der klassischen Welt vollständig beschrieben. Aber zuerst einmal gibt es keinen Grund, warum ein Kaffeehäferl nicht einen quantenmechanischen Zustand einnehmen könnte", sagt Schmiedmayer.
Das Gesetz der Welle
im Glastisch
Die Physik unterscheidet die mikroskopische Betrachtung auf der Ebene von Teilchen, bei der Quanteneffekte berücksichtigt werden, von der Sichtweise gemäß dem Gesetz der großen Zahl: Makroskopisch mag ein Gas homogen erscheinen, mikroskopisch besteht es aber aus Molekülen mit viel leerem Raum dazwischen.
Der Erfolg der Quantenmechanik liegt in der Beschreibung der Gesetzmäßigkeiten von Materie jenseits der klassischen Physik. Ihre Grundlagen wurden 1925 bis 1935 von Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger beschrieben.
"Die Quantenmechanik läuft gewissermaßen gegen die Intuition: Jeder Gegenstand, auch dieser Tisch, enthält unter seiner soliden Oberfläche quantenphysikalische Gesetze ohne Quantenphysik keine stabile Materie, und auch kein Tisch", sagt Schmiedmayer und klopft auf dessen Glasplatte. Lauter kleine, unbewegliche Glas-Atome? Nichts ist, wie es scheint. Jüngst konnten die TU-Physiker beweisen, dass auch Materie einer Wellenbewegung folgt. So viel also zu unserer Tisch-Welle.