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"Möchte zeigen, was Sache ist in der Quantenmechanik"

Von Eva Stanzl

Wissen

Quantenphysiker Anton Zeilinger ist einziger Österreicher bei der Documenta.


"Wiener Zeitung":Sie wurden als einziger Vertreter Österreichs gebeten, bei der Documenta 13 mitzuwirken, und fungieren als wissenschaftlicher Berater für die Ausstellung. Wie vereinbart sich Ihre Tätigkeit als Wissenschafter mit Ihrer Präsenz bei der Kunstschau?Anton Zeilinger: Ich bin nicht als Vertreter Österreichs da, sondern alle Teilnehmer wurden persönlich eingeladen. Man soll mich also nicht in eine nationale Kaste einteilen. Meine Exponate sind strikt wissenschaftliche Experimente. Sie werden nicht unter dem Aspekt der Kunst gezeigt.

Anton Zeilinger (67) arbeitet als Professor für Experimentalphysik an der Universität Wien und ist Direktor des Instituts für Quantenoptik in Wien.
© Godany

Aber welchen Beitrag leisten wissenschaftliche Experimente bei der weltweit bedeutendsten Reihe von Ausstellungen für zeitgenössische Kunst?

Die Quantenphysik fasziniert viele Künstler, die deren Fragestellungen in ihrer Arbeit thematisieren, etwa: Was ist Zufall? Ich dachte, es wäre gut, wenn man einmal zeigt, was wirklich Sache ist in der Quantenmechanik. Ein Teilchen muss nicht an einem einzigen Ort sein, sondern es kann sich an mehreren Plätzen zugleich befinden. Mithilfe der spukhaften Fernwirkung bewegen sich Teilchen, nur weil man andere misst. Zudem haben sie kein Gedächtnis, sie merken sich nur die letzte Wechselwirkung.

Künstler könnten das womöglich auch als Belehrung verstehen. Sollen sie das?

Nein. Wir möchten Interessierten die Chance geben, zu begreifen, worum es hier geht, und dass es noch viel spannender ist, als sie vielleicht dachten.

Wo aber liegen und verschwimmen die Grenzen zwischen Kunst und Wissenschaft?

In der Wissenschaft fällt eine Entscheidung über Beobachtungen in der Natur und was richtig und was falsch ist. Das geht in der Kunst nicht. Jedoch haben die Disziplinen in ihrem Kreativitätsgedanken etwas gemeinsam. Es geht mir nicht darum, einen Kontrast zu ziehen zwischen Kunst und Wissenschaft, sondern ich verstehe meine Experimente als Ergänzung.

Hinzu kommt eine Riesen-Herausforderung: Es sind Experimente, die zwar schon bekannt sind. Wir allerdings werden sie erstmals bei Tageslicht zeigen. Wir arbeiten ja mit einzelnen Lichtteilchen, ihre Aktivität ist unter Abdunkelung und isoliert am besten beobachtbar. Bei Tageslicht hingegen schwirren neben unseren experimentellen Photonen Millionen von anderen Photonen herum - ein bisschen so, als würde man einen einzelnen Menschen untersuchen, während viele andere ständig um ihn herumlaufen.