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Forschung braucht Netze

Von Heiner Boberski

Wissen

Planungs- und Finanzierungssicherheit für Boltzmann Gesellschaft bis 2015.


Wien. "Ohne Vernetzung geht heute gar nichts, aber Zusammenarbeit muss man lernen." So brachte Falko Daim, der Generaldirektor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz, das Thema "Vernetzt zur Spitzenforschung?" auf den Punkt. Daim nahm an einer von "Wiener Zeitung"-Redakteurin Eva Stanzl moderierten Diskussion im Rahmen der Veranstaltung "Meet Science 2012" der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) in Wien teil, die auch 22 eindrucksvolle Präsentationen von LBG-Forschern bot.

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle sieht Kooperation als zentralen Programmpunkt der Forschungspolitik und seiner Ministertätigkeit, als Geisteswissenschafter ist ihm aber auch die Einzelforschung vertraut und wichtig. Bei aller Kritik an eventuell zu großen Proportionen der EU-Rahmenprogramme zeige sich, so Töchterle, dass Österreichs Forscher gut damit umgehen können und um 30 Prozent mehr herausholen, als Österreich eingezahlt hat: "Die Rahmenprogramme sind für Österreich ein Segen." Vernetzung sei ein "Kernelement der Forschung", betonte auch Markus Müller, Vizerektor der Wiener Medizin-Uni, aber Nobelpreise würden für Einzelleistungen vergeben, deshalb müsse man auch schauen, "dass man als Marke nicht untergeht".

Müller hält es für denkbar, dass wie einst Albert Einstein wieder ein Einzelner mit einem "Geistesblitz" für eine Änderung unseres Weltbildes sorgt. Zugleich kritisierte Müller eine "Schizophrenie" im Land, wenn eine Mehrheit Tierversuche ablehne, zugleich aber neue Therapien gegen Krebs wolle: "Die Österreicher sind für Forschungsergebnisse, aber gegen Forschung."

Falko Daim sieht spannende Forschungsthemen oft gerade in der "Grauzone" zwischen den einzelnen Disziplinen. Als Beispiel führte der Archäologe das LBG-Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie an, das Weltgeltung habe.

Unternehmen seien darauf angewiesen, mit Partnern zu arbeiten, erklärte Andreas Goppelt, Forschungsleiter für Biochemie bei der Firma Baxter, manches Know-how müsse aber im Unternehmen bleiben - es gebe kritische Bereiche wie Patente, wo Vorveröffentlichungen Schaden anrichten können.

Christa Neuper, Rektorin der Uni Graz, sieht Vernetzung als unabdingbar an, dabei sei die Bottom-up-Komponente wichtig. Gegen eine Top-down-Organisation - also zu viele Vorgaben von oben - sprach sich auch Müller aus.

In die Diskussion platzten Informatik-Studenten und forderten mehr Studienplätze. Töchterle will mehr Lehrende anstellen, aber auch Grenzen für die Studentenzahlen einziehen. Der Minister sagte, in Österreich finanziere im Wissenschaftsbereich die öffentliche Hand mehr als in anderen Ländern, private Gelder - das wären auch Studiengebühren - müssten zunehmen.

Der neue LBG-Präsident Josef Pröll sagte in seiner Antrittsrede, es gebe für die Ludwig Boltzmann Gesellschaft Planungs- und Finanzierungssicherheit bis 2015.