
Wien. Wenn zur Erklärung von medizinischen Phänomenen bzw. als Verkaufsargument von Produkten Begriffe wie "Energie", "Schwingung" oder "Quanten" verwendet werden, dann sollten beim Konsumenten die Alarmglocken klingeln. Obwohl oft kontrovers diskutiert, sei die Grenzziehung zwischen Pseudowissenschaften und Wissenschaft eigentlich völlig klar geregelt, zeigte sich Bernd Mayer vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften an der Universität Graz, gestern, Mittwochabend, bei einem Vortrag zum Thema "Pseudowissenschaften auf dem Prüfstand" in Wien überzeugt.
"Warum das Thema polarisiert, verstehe ich nicht", sagte Mayer. Schließlich gebe es eindeutige Kriterien, um festzustellen, wann man es mit Wissenschaft zu tun hat und wann nicht. Wissenschaft sei ein veränderlicher Prozess mit prinzipiell widerlegbaren Theorien, während bei Pseudowissenschaften Dogmen und Unveränderlichkeit vorherrschen würden. "99 Prozent meiner Hypothesen wurden im Experiment widerlegt", so der Professor für Pharmakologie und Toxikologie über seine eigenen Forschungen.
Die Missachtung von Naturgesetzen
Als charakteristische Merkmale von Pseudowissenschaften führte Mayer weiters die Missachtung von Naturgesetzen, selektive Beweisaufnahme, anachronistisches Denken oder die Suche nach Geheimnissen (Ufos, Yetis, neuartige Strahlen und Energieformen) ins Treffen. Bei der wissenschaftlichen Methode dagegen werden Hypothesen in Tests und Experimenten geprüft. Der Knackpunkt dabei sei die "intersubjektive" - also durch unabhängige Beobachter erfolgende - Überprüfbarkeit.
Als Beispiel für die Überprüfung eines pseudowissenschaftlichen Gebiets führte Mayer einen 1990 in Deutschland durchgeführten Test an. Dabei sind von der deutschen Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) eingeladene Wünschelrutengänger beim Aufspüren von Wasser in künstlichen Leitungen klar gescheitert.
"Ähnliches mit ähnlichem heilen"
Auch bei der Homöopathie, die auf dem Simile-Prinzip ("Ähnliches mit ähnlichem heilen") und auf der Potenzierung – ein Arzneistoff ist umso wirksamer, desto mehr er verdünnt ist – beruht, kann Mayer "keinen Hinweis auf Gültigkeit" erkennen. Sollte doch jemals die Wirksamkeit von Homöopathie nachgewiesen werden, müssten sämtliche Naturgesetze umgeschrieben werden. Seine Skepsis unterstrich der Pharmakologe mit einem "Suizidversuch", bei dem er trotz befürchteter Nebenwirkungen wie einem "unwillkürlichen Stuhlabgang" oder "Zerschlagenheitsgefühl" ein Fläschchen Globuli vor den Augen der Zuschauer zu sich nahm und damit den Warnungen einer Apothekerin zuwiderhandelte. Den Versuch überstand Mayer übrigens unbeschadet.
Wo der gelernte Wissenschafter auf den ersten Blick ein trügerisches Angebot erkennt, kann sich der Laie mit einem schwer durchschaubaren Dschungel an verwirrenden Begriffen und Botschaften konfrontiert sehen. Mayer hat dafür eine Art Handwerkszeug parat, das hier helfen soll. Ob man es etwa mit Pseudomedizin zu tun habe, könne man unter anderem dadurch überprüfen, ob die Hypothese verständlich formuliert ist, die Behauptungen prinzipiell widerlegbar sind und ob auf Jahrtausende altes Wissen oder auf einen Guru verwiesen wird.