Wien/Bozen. Einen weiteren Hinweis darauf, dass "Ötzi" unter Zahnproblemen litt, fanden Forscher bei der Analyse von DNA aus einer Probe aus dem Beckenknochen der etwa 5.300 Jahre alten Gletschermumie. Dass sich die Parodontitis-Erreger noch nach so langer Zeit nachweisen lassen, sei erstaunlich, so die Wissenschafter aus Südtirol und Wien. Ihre Studie wurde im Fachjournal "PLOS One" (Link siehe Kasten rechts) veröffentlicht.

Seit seiner Entdeckung im September 1991 am Hauslabjoch im Gebiet des Similaun-Gletschers im Südtiroler Teil der Ötztaler Alpen gewinnen Wissenschafter immer wieder neue Einblicke in die Welt des weltberühmten Eismannes. Nun analysierten Forscher des Instituts für Mumien und den Iceman der Europäischen Akademie (EURAC) in Bozen und der Universität Wien das Erbgut "nichtmenschlichen" Ursprungs aus einer 2006 entnommenen, nur 0,1 Gramm leichten DNA-Probe.

DNA-Gemisch

"Neu ist, dass wir keine zielgerichtete DNA-Analyse durchgeführt, sondern vielmehr untersucht haben, was überhaupt alles an DNA da ist, wie viel und welche mögliche Funktion jeweils damit verbunden ist", erklärt EURAC-Forscher Frank Maixner. Diese Erbgut-Spuren stammen größtenteils von Bakterien, die Ötzi zu Lebzeiten besiedelten.

Dass eine große Anzahl an Bakterien in und auf dem menschlichen Körper leben, ist prinzipiell unbedenklich bzw. sogar lebenswichtig. Gerät dieses Zusammenleben aber in Ungleichgewicht, kann das zu Erkrankungen führen, heißt es in einer Aussendung. "Daher ist es wichtig, die Zusammensetzung der bakteriellen Gemeinschaft im DNA-Gemisch zu rekonstruieren", erklärt der Bioinformatiker Thomas Rattei vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Uni Wien.

"Treponema denticola"

In der Probe fanden die Forscher sehr viele Bakterien des Typs "Treponema denticola", die sich wahrscheinlich über den Blutstrom aus dem Mund bis in den Beckenknochen verbreitet haben. Dabei handelt es sich um einen Erreger, der unter anderem in die Entstehung von Zahnfleischentzündungen involviert ist. Im Hinblick darauf, dass bei der Gletschermumie im Zuge einer Computertomografie bereits im Vorjahr Zahnprobleme diagnostiziert wurden, passen die neuen Erkenntnisse gut ins Bild.

Dass sich in der ursprünglich lediglich zur Entschlüsselung der DNA der Mumie entnommenen Probe überhaupt Bakterien-Erbgut fand, sei schon eine Überraschung gewesen. "Besonders erstaunlich ist für uns Forscher, dass wir aus dieser so alten, so winzigen Probe und gerade aus der nichtmenschlichen DNA am Ötzi noch so viele Informationen herauslesen können", wird Rattei zitiert. Die Forscher konnten weiters zeigen, dass es sich um alte Bakterien handelt, die nicht erst später den toten Körper besiedelt haben.