Klosterneuburg. Das Konrad Lorenz Institut (KLI) hat sein neues Gebäude in Klosterneuburg eröffnet. Das 1990 gegründete internationale Zentrum für höhere Studien in theoretischer Biologie war bisher in der Familienvilla von Konrad Lorenz in Altenberg (NÖ) untergebracht. Neben dem neuen Sitz erhält das Institut im Herbst mit Johannes Jäger auch einen neuen Direktor.
Im einstigen Palais "Kremsmünsterhof" sind die weitläufigen Räume mit Bögen und Stuckaturen mit Schreibtischen aus hellem Holz modern eingerichtet. Im Vortragsraum wähnt man sich wegen der Glaswände in dem frisch begrünten, von einer alten Mauer gesäumten Garten. So stellt sich die inspirierende Arbeitsumgebung am neuen Sitz des KLI dar.
Von Altenberg nach Klosterneuburg
Das von einer Privatstiftung finanzierte Institut ist von der Familienvilla ihres Namenspatrons in Altenberg hierhergezogen, weil diese zu abgelegen, verwinkelt und langfristig auch teuer war, erklärte Gerd Müller, Vorstandsvorsitzender des KLI und Professor für Theoretische Biologie an der Universität Wien.
"Wir haben dort quasi in die früheren Wohnräume der Familie unsere Büromöbel hineingestellt. Für Vorträge und Workshops gab es praktisch keine Infrastruktur", sagte er. In den Seminarraum hätten theoretisch maximal 20 Leute gepasst, bis zu 30 drängten sich manchmal darin. "Für diese stand dann eine einzige Toilette zur Verfügung und die Vorbereitungen fanden in einer eineinhalb Quadratmeter großen Teeküche statt", so Müller.
Geld besser eingesetzt
Weil man in Altenberg auch nicht gut erreichbar war - auf eine schlechte Zugverbindung folgte ein 20-minütiger Fußmarsch ,- waren selbst Vorträge von "fantastischen internationalen Wissenschaftern" kaum besucht, sagte er. Außerdem gehöre das neu gestaltete Gebäude nun der Stiftung, während man in Lorenz' Villa Untermieter war und mit der nicht unbeträchtlichen Miete die Renovierung mitfinanzierte. So sei das Geld der Stiftung, die über ein Jahresbudget von ungefähr 800.000 Euro verfügt, nun langfristig besser eingesetzt.
Klosterneuburg ist von Wien aus gut erreichbar, böte aber dennoch eine "gewisse Zurückgezogenheit vom hektischen Betrieb", meint Müller. Man könne sich dort in Ruhe den Theoretischen Biowissenschaften widmen. "Wir vergeben Stipendien für Arbeiten vor allem in der Evolutions-, Entwicklungs-, Kognitions-, und Erkenntnistheorie und veranstalten Workshops, Seminare und Vorträge zu diesen Themen", erklärte er. Eines der aktuellen Forschungsgebiete sei etwa, wie die neuen Erkenntnisse verschiedener Biowissenschaften die Evolutionstheorie beeinflussen.
"Zeit zum Nachdenken"
"Vor allem stellen wir für die Wissenschafter aber etwas zur Verfügung, das an den Universitäten kaum mehr vorhanden ist: nämlich Zeit zum Nachdenken", so Müller. Die Universitäten seien dermaßen in den Sog der Nützlichkeit und des Effizienzdenkens geraten, dass außeruniversitäre Institutionen dafür einspringen müssen, meint er.
Solche gäbe es reihenweise in den Geistes-, Politik- und Sozialwissenschaften, aber bedauerlicherweise kaum im Bereich der Lebenswissenschaften. "Diese sind aber gerade in diesem Jahrhundert zu einem der bedeutendsten Wissenschaftszweige geworden und bringen riesige gesellschaftspolitische Konsequenzen", erklärte er. Die Denk-Arbeiten am KLI seien auch dazu gedacht, um die theoretischen und gesellschaftlichen Auswirkungen auf einer höheren Ebene zu analysieren und besser zu verstehen.
Neuer Direktor übernimmt
Am 26. Juni wird das neue Institutsgebäude feierlich eröffnet, und im September übernimmt der neue wissenschaftliche Direktor Johannes "Yogi" Jäger die Tagesgeschäfte. Der 1973 in der Schweiz geborene Entwicklungsbiologe hat bei Walter Gehring an der Universität Basel studiert und zuletzt am Wissenschaftskolleg zu Berlin geforscht.
Das Konrad Lorenz Institut wurde nach dem Tod des Nobelpreisträgers von einem Komitee um seinen Schüler Rupert Riedl im Jahr 1990 gegründet. Es wird beinahe ausschließlich von einer privaten Stiftung finanziert.
Neben dem KLI ist auch das Konrad Lorenz Institut für vergleichende Verhaltensforschung der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und die mittlerweile zur Uni Wien gehörende Konrad Lorenz Forschungsstelle in Grünau im Almtal (ÖO) nach Nobelpreisträger Konrad Lorenz benannt.