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Wie die Erde aus dem All aussieht

Von Eva Stanzl

Wissen
Josef Aschbacher: erster ESA-Direktor aus Österreich.
© ESA

Der Österreicher Josef Aschbacher leitet als neuer Direktor für Erdbeobachtung das größte Ressort der Europäischen Weltraumagentur ESA.


Paris/Wien. Der Rat der Europäischen Weltraumagentur ESA hat den Österreicher Josef Aschbacher zum neuen Direktor für Erdbeobachtung bestellt. Aschbacher, geboren 1962, studierte Meteorologie und Geophysik an der Universität Innsbruck und entwickelte das Erdbeobachtungssystem der ESA, Copernicus, mit. Er ist der erste Österreicher, der eines von zehn ESA-Direktorien leitet. Dabei setzte er sich gegen 100 Mitbewerber durch. Die "Wiener Zeitung" telefonierte mit Josef Aschbacher am Dienstag kurz nach seiner Bestellung in der ESA-Zentrale in Paris.

"Wiener Zeitung": Mit dem Direktorat für Erdbeobachtung übernehmen Sie das höchst dotierte Ressort der ESA. Was sind Ihre Ziele für Ihre vierjährige Amtszeit?Josef Aschbacher: Die Erdbeobachtung hat mit 1,5 Milliarden Euro pro Jahr fast ein Drittel des Budgets der ESA. Es ist ein hart umkämpftes Direktorat, weil es gewichtig ist. In meine Zuständigkeit fallen Erdbeobachtungsmissionen und darauf aufbauende Anwendungen in den Bereichen Klimaforschung, Landnutzung, Meteorologie oder Umweltschutz. Europa ist in diesen Themen noch vor den USA führend, allerdings stehen wir vor der Herausforderung, dass Firmen für Kommunikationstechnologien zunehmend in einen Bereich einsteigen, der früher Weltraumagenturen vorbehalten war. Etwa hat Google eine US-Firma um 500 Millionen Dollar gekauft, um eine Konstellation privater Satelliten aufzubauen.

Wie reagieren Sie darauf?

Sowohl mit Zusammenarbeit als auch mit Konkurrenz. Wir stellen unsere Daten über US-Firmen wie Google zur Verfügung, suchen aber auch nach Möglichkeiten, wie europäische Firmen mithalten und eine Alternative anbieten können. Diese Balance müssen wir finden. Unser anderes großes Thema ist Big Data. Mit ihren Erdbeobachtungssatelliten Sentinel und Copernicus erzeugt die ESA zusammen mit dem Kernforschungszentrum Cern fast sechs Terabyte an Daten pro Tag. Das macht diese beiden Institutionen zu den größten Daten-Produzenten der Welt. Wir müssen daraus Informationen filtern, die verwendbar sind: Wenn ein Förster etwas wissen will über den Bestand seines kleinen Waldes in Niederösterreich, braucht er eben nur genau diese Information.

Überwachen Sie auch die Bürger?

Nein, dafür ist die Auflösung nicht hoch genug. Im Copernicus-Programm, das derzeit beste, ist alles ab einer Größe von zehn Metern erkennbar. Einzelne Personen werden hingegen von Privatbetreibern oder Sicherheitsdiensten aufgespürt, aber nicht von uns. Unser Ziel ist wirklich Erdbeobachtung. Wir wollen sehen, wie sich Land- und Fortswirtschaft, Klima oder Ozeane verändern und was die Auswirkungen für Mensch und Umwelt sind.



Welche Erkenntnisse gewinnen Sie?

Beobachtungen der Skigebiete zum Beispiel zeigen uns, dass in Österreich die Winter immer wärmer werden. Dieses Wissen ist notwendig, um touristische Entwicklungen zu planen, Umweltentwicklungen zu verstehen und vorhersagen zu können, ob sie unaufhaltsam sind oder geändert werden können.

Wie sieht es mit anderen globalen Problemen aus - etwa Migration, Wasserknappheit oder Hunger?

2050 werden 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben, der Druck auf Nahrungs-, Wasser- und Energievorräte steigt. Klimaveränderungen können dazu führen, dass Menschen aus Afrika abwandern, weil die Bedingungen für Leben fehlen. All dies können wir von oben messen.

Welchen Stellenwert hat die Erdbeobachtung in Österreichs Weltraumforschung?

Es ist unser Schwerpunkt: 40 Prozent der österreichischen Gelder an die ESA gehen an die Erdbeobachtung. Auch die heimischen Firmen haben sich hier sehr gut entwickelt.