Letzten Mittwoch, am 24. August 2016, gab die Europäische Südsternwarte (ESO) eine höchst bemerkenswerte Entdeckung bekannt: Forscher haben einen Planeten aufgespürt, der ausgerechnet um Proxima Centauri kreist, den sonnennächsten aller Fixsterne! Die neue Welt mit dem Namen Proxima Centauri b ist nicht viel größer als unsere Erde. Sie hält gerade so viel Abstand zu ihrem Stern, dass flüssiges Wasser an ihrer Oberfläche denkbar wäre - sofern sie überhaupt eine Atmosphäre besitzt.

Wirklich gesehen hat diesen bloß 4,2 Lichtjahre entfernten Himmelskörper noch niemand. Bis man tatsächlich Bilder von ihm in Händen hält, werden Jahre vergehen. Warum lassen sich diese Welten so ungern fotografieren?

Dopplers Effekt


1995 fanden Astronomen den ersten Planeten im Orbit um eine andere, intakte Sonne. Seither sind rund 3500 solcher Exoplaneten hinzu gekommen. Allerdings erfuhr man von den allermeisten nur auf indirektem Weg.

Selbst mächtige, fremde Sonnen schrumpfen aus unserer entrückten Perspektive zu simplen Lichtpunkten zusammen. Allerdings "wackeln" diese ein wenig, falls sie von Planeten umkreist werden; sie bewegen sich dann etwa so wie ein olympischer Hammerwerfer, der seinen Wurfhammer schwingt.

Die auf uns zu bzw. von uns fort gerichtete Komponente dieser Sternbewegung lässt sich im Spektrum erkennen - und zwar mit Hilfe eines Effekts, den der Österreicher Christian Doppler im Grunde schon 1842 postulierte. Bei Sternen angewandt, verrät dieser Dopplereffekt die Existenz eines allfälligen Exoplaneten. Er gibt auch dessen Umlaufszeit und dessen Mindestmasse preis. Mit dieser Methode ging jetzt auch der Planet um Proxima Centauri ins Netz.

Etliche Exoplaneten ziehen aus unserem Blickwinkel regelmäßig vor ihrer Sonne vorbei. Während dieses sogenannten "Transits" bedecken sie einige Zehntausendstel der Sternoberfläche. Der Glanz des Sternenpunkts bricht dann um denselben Betrag ein; je bescheidener der Lichtrückgang, desto kleiner der Planet.

Während des Transits müht sich ein klitzekleiner Teil des Sternenlichts durch die Atmosphäre des Planeten. Im Sternspektrum tauchen dann kurzzeitig neue, wenngleich äußerst feine Linien auf: Die Transitspektroskopie entlarvt so die Zusammensetzung der planetaren "Lufthülle". Erstmals gelang dies im Jahr 2002. Beim Planeten des Sterns V376 Pegasi fand man Anzeichen für Wasserdampf.

Sowohl die Doppler- als auch die Transitmethode erlaubten es zunächst nur, die Goliaths unter den Exoplaneten aufzuspüren: Welten, die selbst unseren riesigen Jupiter (318 Erdmassen) in den Schatten stellen. Mit besseren Instrumenten verrieten sich auch Himmelskörper von der Dimension unseres Neptun (17 Erdmassen). Diese gewaltigen Planeten sind primär aus Wasserstoff und Helium geformt. Sie kennen keine feste Oberfläche. Leben ist auf solchen Gasplaneten schwer vorstellbar.

Später fand man auch sogenannte "Supererden", mit mehr als einer, aber weniger als 14 Erdmassen. Derartige Körper fehlen in unserem eigenen Sonnensystem völlig. Entsprechend wenig wissen wir über sie. Die mächtigsten Supererden werden im Aufbau wohl den Gasplaneten ähneln, die schmächtigsten hingegen feste Oberflächen besitzen - wie unsere vier Gesteinsplaneten Merkur, Venus, Erde und Mars. Auch die neuentdeckte Welt Proxima Centauri b reiht sich hier ein.

Achtfache Erdmasse


Der Exoplanet 55 Cancri e wurde zum Jahreswechsel "Janssen" getauft. Hier erlaubte es die Transitspektroskopie zum ersten Mal, auch die Atmosphäre einer Supererde zu studieren. Der Planet mit der achtfachen Erdmasse umkreist seinen Stern in äußerst intimem Abstand: Ein Umlauf dauert deshalb nur 18 Stunden. Außerdem ist die Rotation "gebunden": Der Planet hält seinem Stern stets die selbe Seite hin. Janssen besitzt seither eine helle Hemisphäre, auf der endloser Tag herrscht; und eine dunkle, die in stete Nacht gehüllt ist. Auch Proxima Centauri b könnte dieses Schicksal widerfahren sein.

Janssen ist aber ungleich heißer: Auf seiner Tagseite müsste man 2400 Grad Celsius ertragen, auf seiner Nachtseite 1100 Grad. Astronomen wiesen neben Wasserstoff und Helium hier auch noch Kohlenmonoxid und -dioxid nach, ebenso Azetylen und relativ viel Blausäure. Das weist auf ein besonders kohlenstoffreiches Milieu hin. Zählt Janssen etwa zu den hypothetischen Kohlenstoffplaneten? Existiert in seinem Innern eine globale, kilometerdicke Schicht aus Diamanten?

Bei Janssen und etlichen anderen Riesenplaneten mit gebundener Rotation ist selbst die ewige Nachtseite unerwartet heiß. Womöglich wird die Gluthitze der sternzugewandten Hemisphäre von extremen Stürmen dorthin getragen. Dazu müssten diese aber tausende km/h schnell sein und dem Schall vorauseilen.

Aus Lichtjahren Abstand betrachtet, verschmilzt das Licht eines Exoplaneten mit dem seines Sterns. Wir sehen nur den gemeinsamen Schein. Der verändert sich um eine Winzigkeit, wenn der Planet vor oder hinter seine Sonne tritt. Aus den resultierenden, denkbar subtilen Farbveränderungen leitete man die Tönung des riesigen Exoplaneten HD 189733 b ab: azurblau.