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Handys verraten mehr über uns, als uns lieb sein könnte

Von Alexandra Grass

Wissen
Auf Handys spiegelt sich das Leben wider.
© UC/Amina Bouslimani

Ernährung, Arzneien und Kosmetikprodukte hinterlassen molekulare Spuren auf Objekten jeder Art.


San Diego/Wien. Ob Mobiltelefon, Kugelschreiber oder Wohnungsschlüssel - an jedem Objekt, das wir berühren, hinterlassen wir Spuren von Chemikalien, Molekülen und Mikroben. Anhand dieser Rückstände lässt sich eine Skizze unseres Lebensstils erstellen. Sie geben preis, was wir essen, welche Hygieneprodukte wir bevorzugen, wie es um unseren Gesundheitsstatus steht und welche Orte wir besucht haben.

US-Wissenschafter berichten im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences" über eine diesbezügliche Versuchsreihe. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen von der Erstellung von Täterprofilen über Flughafenscreenings bis hin zur Medikamentenüberwachung, der Teilnehmersichtung für klinische Studien und Studien über Umwelteinflüsse.

"Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein Kriminalist entdeckt einen persönlichen Gegenstand, wie ein Mobiltelefon, einen Stift oder einen Schlüssel, und findet darauf entweder keine DNA-Hinweise oder Fingerabdrücke, zu denen es in der Datenbank keine Entsprechungen gibt. Nichts würde darauf hindeuten, wem der Gegenstand gehören könnte", erklärt der Biochemiker Peter Dorrestein von der University of California San Diego School of Medicine.

Personalisierte Lifestyle-Profile

"Also dachten wir darüber nach, ob sich ein Vorteil ergeben könnte, wenn wir molekulare Rückstände, die durch die Berührung eines Objekts hinterlassen werden, chemisch analysieren und in Folge den Lifestyle einer Person bestimmen könnten."

In ihrer Studie mit 39 Personen konnten die Forscher mittels Massenspektrometrie - ein Verfahren zur Messung von Masse von Atomen und Molekülen - personalisierte Lebensstil-Profile erstellen. Arzneispuren gaben darüber Auskunft, ob eine Person antientzündliche Medikamente, Haarwuchsmittel, Antidepressiva oder Augentropfen angewandt hatte. Auch Koffein, Kräuter oder bestimmte Gewürze hinterlassen ihre Spuren auf den Objekten. Sonnencremes oder Mückenschutzmittel ließen sich noch Monate nach der Anwendung nachweisen.

Anhand der Analysen können die Forscher feststellen, "ob eine Person weiblich ist, hochwertige Kosmetikartikel benutzt, ihr Haar färbt, Kaffee trinkt, Bier oder Wein bevorzugt, scharfes Essen liebt, wegen Depression behandelt wird, Sonnencreme verwendet - und damit viel Zeit im Freien verbringt - und viele andere Dinge", erklärt Studienautorin Amina Bouslimani. Eine umfassende Datenbank an Molekülen ist dafür Voraussetzung. Das Ergebnis dabei ist immer nur ein generelles Profil und kein Nachweis für eine bestimmte Person und für die kriminalistische Arbeit damit nicht so verlässlich wie ein Fingerabdruck per se, schreiben die Forscher in der Publikation.

Auslese für Studiendesigns

Für die Medizin könnte das Verfahren aber einen Fortschritt bedeuten. Demnach könnten, den Forschern zufolge, Ärzte an Patienten beobachten, wieweit eine Medikation eingehalten wird. Für klinische Studien könnten anhand der Daten Subgruppen erstellt werden, je nachdem wie Arzneien im jeweiligen Organismus verstoffwechselt werden. Die Hautablesungen geben auch Auskunft darüber, welchen Umweltschadstoffen und -gefahren ein Mensch ausgesetzt ist.