Wien. (est) Grundlagenforschung arbeitet frei von ökonomischen Interessen. Doch wenn es um die Biowissenschaften in der Medizin geht, lohnt es, Erfolge aufzurechnen, findet Staatssekretär Harald Mahrer: Seit 1999 hätte die Förderung der Life Sciences unter anderem kortisonfreie Medikamente gegen Hauterkrankungen und magensaftresistentes Penicillin ermöglicht. Auch personalisierte Krebstherapien, Medikamente gegen Alzheimer und eine Grippe-Impfung würden entwickelt, zählte er am Mittwochnachmittag vor Journalisten auf.

"Schon heute gehören wir zu den besten fünf Standorten für Lebenswissenschaften. Auf dem Weg zum Innovation Leader wollen wir unser Kronjuwel Life Sciences stärken und zu den Top-3-Standorten weltweit vorrücken", sagte Mahrer bei der Präsentation der "Zukunftsstrategie Life Sciences und Pharmastandort Österreich" des Wissenschaftsministeriums. Konkret sind für Forschungsfelder wie Biomedizin, Biochemie, Molekularbiologie, Biophysik oder Bioinformatik 27 Maßnahmen geplant. Dazu zählen die Stärkung der kompetitiven Grundlagenwissenschaften und der klinischen Forschung, ein verbesserter Zugang zur Forschungsinfrastruktur und eine effizientere Koordination von Aktivitäten und Datenmanagement in der personalisierten Medizin.

Bekannt ist die Gründung eines Zentrums für Stammzellenforschung am Institut für Molekulare Biotechnologie (Imba) in Wien. Das Budget hierfür liegt bei 27 Millionen Euro, von denen 15 Millionen der Bund investiert, der Rest kommt von der Stadt Wien und dem Imba selbst. Zusätzlich soll nun ein "Center für Translational Research" gegründet werden. Das Ziel ist die schnelle und zielgerichtete Umsetzung präklinischer Forschung in die klinische Entwicklung. Die Kosten sollen in den kommenden zehn Jahren mit 40 Millionen Euro zu Buche schlagen. Der Bund will eine Anschubfinanzierung von 8,5 Millionen Euro leisten und rechnet danach mit Investitionen aus der Wirtschaft und im Besonderen der Pharmabranche, sowie mit Rückflüssen aus Anteilsverkäufen und Patenten. Die Bundesmittel sollen aus der jüngst im Ministerrat beschlossenen "Forschungsmilliarde" kommen, die jedoch noch nicht budgetiert ist.

In Österreich sind 823 Unternehmen in den Life Sciences tätig, die 52.000 Mitarbeiter beschäftigen und jährlich 19,1 Milliarden Euro umsetzen. 59.000 Studierende sind in diesen Fächern an 31 Hochschulen inskribiert, die zusammengenommen ein Jahresbudget von 1,4 Milliarden Euro erhalten. Die Hochschulen haben 20.000 Angestellte und einen Output von 8000 Studienabschlüssen, 8700 Publikationen und 215 Patentanmeldungen pro Jahr, berichtete der Ökonom Gottfried Haber. Wie die universitäre Grundlagenforschung konkret von der Life Sciences Strategie profitieren kann, geht aus ihr nicht unmittelbar hervor, wohl aber was das "Kronjuwel" der Wirtschaft bringt: Demnach generiert der Sektor "2,8 Prozent der Bruttowertschöpfung und 1,7 Prozent der Gesamtbeschäftigung".

Als Stärken der Branche nennt die partizipativ erstellte Strategie eine exzellente Grundlagenforschung, die wachsende Biotech-Start-up-Szene, ein gutes Fördersystem für Wissenschafts-Wirtschafts-Kooperationen, hohe steuerliche Forschungsincentives und den Life Science Cluster Österreich mit Zentrum Wien. Zu den Schwächen zählt sie die niedrigen Ausgaben für Grundlagenforschung und keine kapazitätsorientierte Uni-Finanzierung.