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Katzenbilder erkennen - kein Kinderspiel

Von Thomas Seifert

Wissen
Was ist Intelligenz? Hermann Hauser und Judy Wajcman diskutierten beim Europäischen Forum Alpbach.
© Andrei Pungovschi

Bei einer Veranstaltung der "Wiener Zeitung" diskutierten Experten über die Perspektiven der künstlichen Intelligenz.


Alpbach. "Wir kommen eben erst aus dem Winter der Artificial Intelligence. Die Erwartungen an künstliche Intelligenz waren lange Zeit überzogen, nun sieht es so aus, als hätten wir die notwendige Computerleistung für Artificial-Intelligence-Anwendungen", sagt Computeringenieur und Risiko-Kapital-Investor Hermann Hauser. Allerdings stünden wir vor dem Ende des Moorschen Gesetzes, laut dem sich die Komplexität integrierter Schaltkreise alle Jahre verdoppelt: Viel schneller könnten Prozessoren nicht mehr werden. Irgendwann stehe das Lichtgeschwindigkeitslimit einer noch schnelleren Signalübertragung im Weg. Einstweilen aber werde eine neue Generation von Prozessoren noch deutliche Kapazitätsverbesserungen bringen. Graphcore-Chips haben 7000 Prozessoren auf einem einzigen Baustein.

Die "Wiener Zeitung" hat am Montagabend zur Diskussionsveranstaltung mit dem Titel "RenAIssance - Brave New World" in den Off-Space "Hallenbad" in Alpbach geladen. Diskutiert wurde beim Europäischen Forum Alpbach über die Perspektiven und die Zukunft der künstlichen Intelligenz. Dabei traf Techno-Optimist Hauser auf die Techno-Pessimisten Tarek Besold, der ab Herbst an der City University London Computerwissenschaften lehren wird, und die Assistenzprofessorin für Informatik an der Universität Tübingen Alexandra Kirsch.

Hauser hält die Hindernisse auf dem Weg zur künstlichen Intelligenz für überbrückbar, während Besold sich skeptisch zeigt: "Reden wir doch davon, was AI bis heute nicht gut kann: Ein Computer hat größte Schwierigkeiten, das Bild einer Katze mit dem Bild eines Kätzchens in Beziehung zu setzen. Eine Aufgabe, die jedes Kleinkind ohne Probleme meistert."

Aber was ist eigentlich Intelligenz? Diese Frage aus dem Publikum beantwortet Hauser so: "Zu wissen, was als Nächstes zu tun ist." Die Assistenzprofessorin für Computerwissenschaft an der Universität Tübingen, Alexandra Kirsch, stellt vom Podium aus die provokante Frage: "Welche Blase wird zuerst platzen: die Neuro-Blase der Gehirnwissenschaft oder die Künstliche-Intelligenz-Blase der Computerwissenschaft?" In beiden Wissenschaftsfeldern seien die Erwartungen hoffnungslos überzogen.

Die Soziologin an der London School of Economics, Judy Wajcman, fordert eine interdisziplinäre Debatte über die Technologiefolgen und beklagt gleichzeitig den Mangel an natur- und ingenieurswissenschaftlicher Kompetenz in der Politik. "Wir können nicht darauf hoffen, dass wir für jedes soziale Problem eine App entwickeln werden", sagt Wajcmann. Gleichzeitig brauche es wirksame Technologie-Regulation auf den unterschiedlichsten Ebenen. Als Beispiel führt sie die Forderung von Tesla-Gründer Elon Musk und anderen nach einer UN-Konvention für die Ächtung von autonomen Kampfrobotern an.

Am Dienstag wurde eine Studie des IT-Consultingunternehmens Accenture über die Chancen für die österreichische Wirtschaft, die sich aus dem Einsatz von künstlicher Intelligenz ergeben, vorgestellt. Kommentar von Michael Zettel, Country Managing Director von Accenture Österreich: "Der erfolgreiche Einsatz von neuen Technologien wie künstlicher Intelligenz kann in Österreich den jährlichen Anstieg des BIP bis 2035 von 1,4 auf 3 Prozent anheben."