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Die meisten Blauwale sind "Rechtshänder"

Von Alexandra Grass

Wissen
Der Blauwal erreicht eine Länge von bis zu 33 Metern und ein Gewicht von rund 200 Tonnen.
© Foto: Craig Hayslip, Oregon State University

Bei der Futteraufnahme rollen sich die Tiere bis auf eine Ausnahme rechtsseitig durch das Wasser.


Santa Cruz/Wien. Ihr Gewicht gleicht dem von 25 Elefanten, ihre Körperlänge dem eines Basketballfeldes - die Rede ist von Blauwalen, den größten Tieren, die jemals unseren Erdball bewohnt haben. Verblüffenderweise ernährt sich der Gigant des Ozeans von winzigen Krebstierchen, dem Krill. Mit Hilfe fein gefiederter Barten am Oberkiefer filtern die Wale ihr Futter aus dem Meerwasser. Um mit ihrem schwergewichtigen Körper Beute zu machen, unternehmen die Tiere verschiedene akrobatische Manöver. Um den nahrhaften Krill einzufangen, rotieren die Wale zumeist rechtsherum im Wasser - vergleichbar mit einem Rechtshänder, schreiben Forscher der University of California in Santa Cruz im Fachblatt "Current Biology". Im seichten Wasser dagegen, ändern sie ihre Drehrichtung, wenn sie eine 360 Grad Fassrolle vollziehen.

"Die Futteraufnahme kostet den Blauwal viel Energie - ist aber besonders effizient, da er mit einem Schwung sehr viel Beute auf einmal macht", erklärt der Marineforscher Ari Friedlaender. Ihre Bewegungsmuster haben die Forscher mithilfe von Sensoren auf der Außenhaut von 63 Tieren gemessen. Insgesamt sechs Jahre lang waren die Tiere beobachtet worden. Aufgezeichnet wurden mehr als 2800 der typischen Rollbewegungen.

Wende im seichten Wasser

Ihre Rechtshändigkeit überraschte die Wissenschafter nicht, schreiben sie in ihrer Publikation. Denn viele Lebewesen hätten diese Neigung - auch der Mensch. Beim Blauwal zeigt sich die Präferenz für die rechte Seite allerdings häufiger als bei unsereins. In Wirbeltieren kontrolliert für gewöhnlich die linke Gehirnhälfte die Koordination bestimmter Tätigkeiten, die dann rechtsseitig ausgeführt werden - neben dem Schreiben beim Menschen auch beim Blauwal die Motorik bei der Futteraufnahme. Die linke Gehirnhälfte ist zudem mit dem rechten Auge verschaltet. Für einen Überraschungseffekt hatte die Tatsache gesorgt, dass die Tiere in ihrem Aufwärtsstrom hin zu seichterem Gewässer ihre Drehrichtung abrupt zum Gegenteil verändern.

Erstmals wurde mit diesen Daten die Händigkeit bei Blauwalen aufgezeichnet, betonen die Forscher. "Wir glauben, dass diese Neigung deshalb zustande kommt, weil die Wale ihre Beute mit dem rechten Auge visualisieren", erklärt Friedlaender. Andersherum geschaltet, würden die Tiere den Sichtkontakt zu ihrer Beute verlieren und die Jagd nach Futter würde demnach erfolglos enden.

Lange Zeit hat das Forscherteam die Fressgewohnheiten der Blauwale studiert, um herauszufinden, wie die Tiere es zustande bringen, ihren riesigen Körper zu ernähren. "Die Bewegungen müssen koordiniert ablaufen. Angesichts ihrer Größe sind das gewaltige Bewegungen, die auch eine gewisse Zeit der Ausführung benötigen", betont der Forscher. "Das sind keine herumrasenden Eichhörnchen, sondern die größten Lebewesen der Erde", gibt Friedlaender zu bedenken. Ihre Studie sei nicht der erste Nachweis der Händigkeit der Blauwale, aber es konnte gezeigt werden, dass sie von ihrer bevorzugten Seite auch Abstand nehmen können - je nachdem, welches Unterfangen der Wal gerade unternimmt.

In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschafter ihre Untersuchungen bei den Blauwalen verwandten Tieren durchführen und sehen, ob diese Gewohnheit auch bei ihnen existiert. Zudem entwickeln die Forscher neue Technologien, um noch mehr Details über die waltypischen Unterwasserbewegungen herausfinden zu können.