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Knoten statt Doppelhelix

Von Alexandra Grass

Wissen

Australische Forscher haben erstmals in lebenden Zellen eine neue Form der DNA entdeckt.


Darlinghurst/Wien. Tief verborgen in den Zellen liegt unser Erbgut. Es trägt jegliche Information, um ein Lebewesen zu dem zu machen, was es ist. Es bestimmt, wie wir aussehen, aber auch, wie unsere Zellen im Körper arbeiten. Eine Besonderheit dieser auch DNA genannten Erbinformation ist ihr Aufbau als schraubenförmige Doppelhelix - wie eine in sich gewundene Leiter präsentiert sie sich in den Zellen. Australische Wissenschafter haben nun erstmals eine neue Form in lebenden Zellen entdeckt - die sogenannte i-Motiv-DNA. Sie zeichnet sich als in sich verstrickter Knoten aus, wie die Forscher im Fachblatt "Nature Chemistry" beschreiben.

Die Bausteine der DNA (Desoxyribonucleinsäure) sind die sogenannten Nukleotide, die in zwei Strängen vorliegen. Verbunden werden diese beiden Stränge durch die Basen Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T), wobei sich immer A mit T und C mit G paart. Entdeckt wurde diese Molekülstruktur im Jahre 1953 von dem US-Amerikaner James Watson und dem Briten Francis Crick.

Für Zellen von Bedeutung

Bisher war bekannt, dass kurze Passagen der DNA auch in anderen Formen vorliegen können - zumindest im Labor. Die Forscher hatten vermutet, dass diesen unterschiedlichen Strukturen eine wichtige Rolle im Ablesen der Erbinformation zukommt. "Wenn wir an DNA denken, dann erscheint sofort das Bild der Doppelhelix vor den Augen", erklärt der Molekularbiologe Daniel Christ vom Garvan Institute of Medical Research in Darlinghurst. Doch "die neuen Erkenntnisse bringen uns in Erinnerung, dass noch völlig andere Strukturen existieren, die für unsere Zellen besonders wichtig sein könnten".

Diese i-Motiv-DNA ist ein viersträngiger Knopf, beschreiben die Forscher. In dieser Knotenstruktur sind immer die C-Basen miteinander verbunden. Das ist ein großer Unterschied zur Doppelhelix, wo C ausschließlich an die G-Base gebunden ist. Bisher wurde diese Form allerdings nur unter künstlichen Laborbedingungen nachgewiesen, aber nicht direkt in lebenden Zellen. Die Wissenschafter haben auch lange darüber diskutiert, ob diese Knoten in allen lebenden Zellen vorkommen - eine Frage, die nun mit der jüngsten Arbeit beantwortet werden kann.

Um diese DNA in Zellen nachweisen zu können, hat das Forscherteam ein eigenes Werkzeug entwickelt - nämlich ein Fragment eines Antikörpermoleküls -, das ganz spezifisch i-Motiv-DNA erkennen und ihre Position ausfindig machen kann. Die Knoten sind als fluoreszierende grüne Punkte (siehe Foto) in der Zelle erkennbar, die, sobald sie sich formieren, aufleuchten.

Sie entstehen zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt im Lebenszyklus einer Zelle, nämlich in der sogenannten G1-Phase, skizzieren die Forscher weiter. Das ist jener Zeitpunkt, an dem die Zelle zu wachsen beginnt und die DNA aktiv abgelesen wird. Im Anschluss erlöschen die grünen Punkte wieder, bis sich neue formieren. Die Kurzlebigkeit in diesem einen Zellzyklus dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass die i-Motiv-DNA in den lebenden Zellen bisher so schwierig aufzufinden war, betonen die Wissenschafter.

Funktionen erforschen

In Erscheinung treten diese viersträngigen Knoten zudem in Regionen, in denen das An- und Abschalten von Genen kontrolliert wird, sowie in den Telomeren - jenen Enden der Chromosomen, deren Länge für den Alterungsprozess von großer Bedeutung sind.

"Wir gehen davon aus, dass i-Motiv-DNA beim An- und Abschalten von Genen behilflich ist und beeinflusst, ob das Erbgut abgelesen wird oder nicht", erklärt der Genetiker Mahdi Zeraati in der Publikation. In weiterer Folge gilt es, noch mehr über die Funktion der neuen Form herauszufinden und darüber, welchen Einfluss sie auf Gesundheit oder Krankheit hat.