Wien. (est) Die Ethnomusikologin Ursula Hemetek und der Informatiker Herbert Edelsbrunner erhalten die Wittgenstein-Preise 2018. Diesen Vorschlag seiner Jury gab der Wissenschaftsfonds FWF am Mittwoch bekannt.

Die Auszeichnung gilt als "Nobelpreis" Österreichs. Mit je 1,4 Millionen Euro ist sie die höchstdotierte und prestigeträchtigste heimische Anerkennung für wissenschaftliche Leistungen. Der Wittgenstein-Preis wird an exzellente Forscherinnen und Forschern aller Fachdisziplinen verliehen, die herausragende Leistungen erbracht haben. Die je mit bis zu 1,2 Millionen Euro dotierten Start-Preise gehen an sechs Nachwuchsforscher.
Mit der Minderheitenforschung hat die 61-jährige Musikwissenschafterin Hemetek ein neues Feld innerhalb ihres Fachgebiets geschaffen. Die Professorin am Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien ist eine der einflussreichsten Persönlichkeiten ihres Faches. Zur Erforschung der Musik von Minderheiten hat sie als Pionierin neue Zugänge, Methoden und Theorien entwickelt.
"Stellen sie sich vor, jemand läutet an ihrer Tür und sagt: Singen sie mir was vor", beschreibt sie die empirische Seite ihrer Arbeit im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. Vor allem Roma, deren Angehörige von Nazi-Wissenschaftern erforscht und im Konzentrationslager ermordet wurden, hätten zunächst Vorbehalte gehabt. Mit Feingefühl brachte jedoch auch sie zum Singen und verglich ihre Musik.
Ethnomusikologie ist für Hemetek eine partizipative Wissenschaft mit gesellschaftspolitischer Verantwortung. Mit dem Preisgeld will sie ein internationales Forschungszentrum für ethnomusikologische Minderheitenforschung ihrer Universität gründen.
Hemetek, am 12. Oktober 1956 in Wien geboren, studierte an der Uni Wien und wurde 1987 mit einer Arbeit über Hochzeitslieder der burgenlandkroatischen Gemeinde Stinatz promoviert. 2001 habilitierte sie sich in Musikwissenschaft mit dem Spezialgebiet Ethnomusikologie. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die traditionelle Musik von Minderheiten in Österreich, insbesondere der Roma, burgenländischen Kroaten und der Bosnier. Sie ist die erste Wissenschafterin einer Kunstuniversität, die mit dem Wittgenstein-Preis ausgezeichnet wurde.
Herbert Edelsbrunner ist bereits der dritte Preisträger am Institute for Science and Technology (IST) Austria in Maria Gugging (2012: Thomas Henzinger; 2016: Peter Jonas). Der 60-jährige Edelsbrunner gilt als Gründungsvater der Computertopologie und zählt zu den weltweit führenden Forschern auf diesem Gebiet. Er beschreibt sein Fach als "eine Mischung von Mathematik und Informatik". Während es in der Mathematik um geometrische Dinge gehe, sei die Topologie eine Erweiterung der Geometrie um Bezug auf die Verformung von geometrischen Objekten.