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Königsdisziplin der Wissenschaft

Von Eva Stanzl

Wissen

Der Wissenschaftsfonds, Österreichs zentrale Agentur zur Förderung der Grundlagenforschung, ist 50 Jahre alt.


18 Pavillons zum Entdecken, 16 Veranstaltungen zum Mitreden und eine Preisverleihung: Mit diesem Reigen feiert der Wissenschaftsfonds (FWF) von 8. bis 12. September sein 50-jähriges Bestehen. "Be Open" heißt das Festival, zu dem Österreichs zentrale Einrichtung zur Förderung der Grundlagenforschung bei freiem Eintritt einlädt. Ort des Geschehens ist der Maria-Theresien-Platz zwischen Naturhistorischem und Kunsthistorischen Museum in Wien.

"Wir wollen einen möglichst guten und einfachen Dialog zwischen Grundlagenforschung und der Gesellschaft führen", sagte FWF-Präsident Klement Tockner am Mittwoch vor Journalisten. Mit dem Festival feiere man auch 50 Jahre Spitzenforschung in Österreich, die der Fonds ermögliche. "Wir sind ein Forschungsland und stolz darauf", betonte Tockner.

Suche nach Innovationen

Anders als angewandte und industrienahe Forschung verfolgt die "Königsdisziplin" der Grundlagenwissenschaft keine wirtschaftsorientierten Ziele. Ihr geht es um die Schaffung von elementaren Erkenntnissen. Beispiel: Wer eine Impfung gegen Alzheimer verkaufen will, muss zuerst herausfinden, was die Demenzerkrankung verursacht und wie sie funktioniert. Erst dann kann ein Wirkstoff konzipiert, entwickelt, wenn er funktioniert getestet und letztlich verkauft werden. Die Menschen wären dann frei von unaufhaltsamem Gedächtnis- und Identitätsverlust. Ohne Elementarwissen weniger Innovation, weniger Wachstum und weniger gesellschaftlicher Wandel.

Wandel und Wachstum wollte auch der österreichische Nationalrat herbeiführen, als er am 25. Oktober 1967 das Forschungsförderungsgesetz beschloss. Dabei wurde der FWF als "Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung" als eigene Rechtspersönlichkeit gegründet - die konstituierende Sitzung fand am 4. März 1968 statt. Auslöser war ein vernichtendes Urteil: "In einem Bericht Mitte der 1960er Jahre hatte ein OECD-Bericht Österreich attestiert, dass es zu wenig im Bereich Wissenschaft und Forschung tut", erläutert Tockner. Der Befund war wie Wasser auf die Mühlen der wissenschaftlichen Community, die um die Gründung einer Agentur zur staatlichen Forschungsförderung bemüht war. "Schon in den späten 1940er Jahren wollte man einen Forschungsrat nach britischem Vorbild gründen, um die Wissenschaft auf die Beine zu bringen", sagt der ehemalige FWF-Präsident Christoph Kratky.

Da Österreichs Top-Wissenschafter vertrieben worden waren, wollte man zunächst gut ausgebildete Akademiker ausreichender Anzahl produzieren. "Die politischen Erwartungen waren damals aber sehr unterschiedlich: Die Sozialisten wollten angewandte Forschung, die Volkspartei freie Grundlagenforschung. Gegründet wurde der FWF dann unter der schwarzen Alleinregierung nach den Vorstellungen der ÖVP", erzählt Kratky. Amerika, das schon damals führend war in Militär-, Luftfahrt- und Raumfahrtechnologien, die stets neue Produkte für die Industrie abwarfen, war ein Vorbild: Dort hatte die staatliche Forschungsförderung für Grundlagen das Wachstum angestoßen.

Mit 37,1 Millionen Schilling (2,7 Millionen Euro) förderte der FWF in seinem ersten Jahr Forschungsgeräte und einige Handvoll Projekte, zu denen ein Cochlea-Implantat gegen Schwerhörigkeit zählte. 2017 entschied sich die Förderagentur für 2493 Anträge und vergab 217 Millionen Euro - in erster Linie für projektbezogenes Forschungspersonal an Universitäten. Weiters werden Spezialforschungsbereiche, hochqualifizierte Wissenschafterinnen und Auslandsaufenthalte, etwa über Schrödinger-Stipendien, unterstützt. Alle Förderungen und Auszeichnungen werden ausschließlich auf Basis internationaler Gutachten vergeben. "Eine Kultur der wettbewerbsorientierten Forschung wurde über Jahre aufgebaut", betont Tockner (siehe Interview).

Forscher sind Künstlern nahe

Immer mehr FWF-Förderungen fließen in den wissenschaftlichen Nachwuchs. Was aber tut jemand, der Wissenschafter werden will? "Jemand, der wirklich gute Forschung macht, ist viel näher am Künstler als am Bauer, Maurer, Arzt, Rechtsanwalt oder Manager", sagt Kratky: "Es kommen Aspekte der Originalität und Unvorhersehbarkeit dazu, und eine miserable Planbarkeit des Berufslebens."

Myriaden von jungen Menschen wenden sich von der Forschung ab, weil sie nicht im richtigen Moment am richtigen Ort waren oder etwas nicht aufgegangen ist. "Der Wettbewerb steigt, und er manifestiert sich in Bewilligungsquoten", sagt Kratky: 2017 wurden FWF-Projekte im Ausmaß von 875 Millionen Euro beantragt, jedoch wurde mangels Budget nur etwas mehr als Viertel genehmigt.

Gut ging es für die herausragenden Nachwuchs- und etablierten Wissenschafter, die am 12. September die Start- und Wittgensteinpreise erhalten. In den Pavillons vermitteln weiters in Österreich arbeitende Top-Forscher die Relevanz von Grundlagenforschung für zentrale Fragen der Gesellschaft.

Programm unter:
www.fwf.ac.at/beopen