"Ende August erreichte ein holländisches Kriegsschiff (. . .) Point Comfort, der Name des Commandeurs war Captain Jope. Es traf mit der ‚Treasurer‘ bei den Westindischen Inseln zusammen, und sie beschlossen, von da an den Weg gemeinsam zurückzulegen, verloren einander aber während der Reise. Das Schiff hatte nichts anderes an Bord als 20 und seltsam anmutende Neger (,20. and odd negroes‘), die der Gouverneur und der oberste Handelsbeauftragte im Austausch für Proviant erwarben (den der Captain dringend benötigte, wie er betonte), zu den besten und günstigsten Bedingungen, die ihnen möglich waren."

Diese Nachricht stellt gewissermaßen ein negatives Gründungsdokument dar. Sie entstammt einem im Jänner 1620 geschriebenen Brief. Der Adressat: Sir Edwin Sandys, Finanzdirektor der 1606 gegründeten Virginia Company; der Absender: John Rolfe, Abenteurer und späterer Wirtschaftstreibender in Virginia, der ersten englischen Kolonie auf amerikanischem Boden. Der Inhalt: Eine Benachrichtigung über die ersten schwarzen Sklaven, die Ende August 1619 an die nordamerikanische Ostküste gebracht wurden, nach Point Comfort, eine Befestigungsanlage im späteren Hampton, die heute den Namen Fort Monroe trägt und von Barack Obama 2011 in die Liste der National monuments erhoben wurde.

Rolfe nennt in seinem Brief den Namen des Kapitäns, des Geistlichen John Colyn Jope, nicht aber den des Schiffes. Dieses konnte durch ergänzende Quellen als "White Lion" identifiziert werden. Sowohl diese als auch die bei Rolfe erwähnte "Treasurer" wurde von sogenannten Privateers geführt, staatlich legitimierten Piraten, die im Golf von Mexiko gemeinsam das portugiesische Sklavenschiff "San Juan Bautista" - das wiederum in Vera Cruz hätte eintreffen sollen - gekapert und ihm ebendiese "menschliche Fracht" abgenommen hatten.

Ankunft der ersten Sklaven in Jamestown, 1619. - © Universal History Archive/Universal Images Group via Getty Images
Ankunft der ersten Sklaven in Jamestown, 1619. - © Universal History Archive/Universal Images Group via Getty Images

Dieses Ereignis steht am Beginn eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Menschheit, das zum Zeitpunkt seiner ex-tremsten Verdichtung - rund zweieinhalb Jahrhunderte später - den brutalsten Bürgerkrieg aller Zeiten hervorrufen sollte.

Trotz dieser unfreiwilligen Umleitung fügt sich dieser Sklaventransport in die politische und ökonomische Situation dieser ersten englischen Kolonie unter der Führung des im Brief nicht namentlich erwähnten Governors Georges Yeardley, sowie des obersten Handelsbeauftragten ("Cape Merchant") Abraham Piersey. Am 10. April 1606 wurde
in London die erste Virginia-Company gegründet, eine Aktiengesellschaft, deren Aufgabe in der Besiedlung und Entwicklung eines bestimmen Gebietes der amerikanischen Ostküste bestand. Ihr sollten weitere Gründungen folgen.