
Man könnte meinen, sich mitten in einem von Rupert Sheldrakes morphogenetischen Feldern allumfassender Zusammenhänge zu befinden, wenn der viel strapazierte Name der wohl berühmtesten Algonkin-Frau in diese Konstellation hinein spielt, der später von Walt Disney propagandistisch "veredelten" Pocahontas.
Die Tochter des Algonkin-Häuptlings Powhatan wurde nämlich am 5. April 1614 zur Ehefrau von John Rolfe; ein Umstand, den dieser mit einer großen Portion aufdringlicher, ja nahezu penetranter Selbstverteidigung in einem Brief an seinen Vorgesetzten, den Deputy Governor von Virginia, Thomas Dale, zu rechtfertigen versucht:
"Lasst deshalb meine ehrlich gemeinte Bekundung, die ich hier zwischen Gott und meinem Gewissen mache, ein ausreichender Zeuge sein, am schicksalhaften Tag des Gerichts (an welchem die Geheimnisse aller Menschenherzen geöffnet werden) mich zu verdammen, wenn mein vorderstes Streben nicht dahin geht, mit all meinen körperlichen und seelischen Kräften eine derart wichtige Angelegenheit zu meistern, an der kein Weg vorbeiführt (bedenkt man die männliche Schwäche mit der grenzenlosen fleischlichen Lust) allerdings zum Nutzen dieser Siedlung, zu Ehren unseres Landes, zum Ruhm Gottes, zu meiner eigenen Erlösung und zur Konvertierung zu Gott, Jesus Christus - ein ungläubiges Geschöpf mit dem Namen Pokahuntas, zu dem mein Herz und meine Gedanken derart zu einem Labyrinth verwoben sind und schon damals waren, dass ich selbst unfähig war, mich hier herauszu-winden."
Das schlechte Gewissen hinsichtlich seiner ketzerischen Fleischeslust hatte Rolfe angeblich keine Ruhe gelassen. Selbst im Traum habe es ihn "an den Ohren gezogen" und ihm zugerufen: "Warum setzt Du keine Mühe da-ran, sie zu einer Christin zu machen?" Bei genauerer Betrachtung der zeitlichen Abläufe jedoch entpuppt sich dieser Brief als eine etwas penetrante Stilisierung, denn die beschriebenen Gewissensbisse hätten schon einige Zeit vor der Hochzeit am 5. April 1614 ein Ende finden müssen: Bereits im Jahr zuvor hatte Alexander Whittaker, der "Apostel von Virginia", die "ungläubige" Algonkin-Tochter in den Schoß christlicher Zivilisation hinübergeführt und damit deren Seele, aber auch das Ansehen ihres Gatten gerettet.
Die Pocahontas-Episode ist nun mit der Landung der Sklaven dahingehend in Zusammenhang zu bringen, als die Funktion des John Rolfe im Rahmen der Macht- und Wirtschaftspolitik der Kolonie Virginia keine unbedeutende war: Im Juni 1609 war dieser 24-jährige Abenteurer auf einem Schiff mit dem Namen "Sea Venture" von Plymouth aus in Richtung Virginia aufgebrochen. Rund eineinhalb Monate später geriet das Schiff in einen Sturm und strandete auf den etwa 1000 km östlich der amerikanischen Atlantikküste gelegenen Bermuda-Islands. Während der neun Monate, die die Mannschaft dort zubringen musste, wurden zwei neue Schiffe gebaut, mit denen Virginia im Mai 1610 angelaufen werden konnte.