Verschiffung

Rolfe spezialisierte sich ab 1612 auf den Anbau von Tabakpflanzen für den Export nach England. Er züchtete eine spezielle Sorte heran, die für die empfindlichen Bewohner des Mutterlandes etwas bekömmlicher war als die herbe Sorte, die der Boden Virginias von sich aus hervorbrachte. Mit seiner Gründung von Varina Farms, etwa 50 km stromaufwärts der späteren Hauptstadt Jamestown, legte Rolfe den Grundstein für das für Virginia essenzielle Exportgeschäft. Im März 1614 konnten die ersten vier Fässer mit Tabakpflanzen nach England verladen werden, und bereits einen Monat später heiratete er mit Pocahontas die Tochter des mächtigsten Häuptlings im gesamten Gebiet des späteren Virginia.

Diese Begebenheiten fügen sich zu einem machtpolitischen Bild: Die Heirat mit der Prinzessin ließ den Tabakexporteur innerhalb des Algonkin-Gebietes zu einem Machtfaktor werden, der für die Arbeit an seinen Plantagen Hilfskräfte benötigte, die nunmehr mit der "Ladung" der "White Lion" eingetroffen waren.

Doch woher kamen diese "ne-groes"? Die Mission der "San Juan Bautista" bestand im Transport von versklavten afrikanischen Frauen und Männern über den Atlantik. Aufgegriffen hatte man die Menschen im afrikanischen Reich Ndongo im Gebiet des heutigen Angola. Deren König Ngoli Bondi war mit den Portugiesen intensivere Handelbeziehungen eingegangen, die auch vor dem (Aus)verkauf der eigenen Bevölkerung nicht zurückschreckten.

Die Praxis der europäischen Sklavenverschiffung ist bis in die Zeit Dom Henriques, des portugiesischen Prinzen Heinrich mit Beinamen "Navigador", "Seefahrer", zurückzuverfolgen. Dessen Chronist, der Gelehrte Gomes Eanes de Zurara, überliefert das Bild einer "Ladung" von Sklaven, die 1444 in Lagos, dem seinerzeit wichtigsten Hafen im südlichen Portugal, angelegt hatte. Deren fünfter Teil sollte dem Prinzen zufallen: "In der ersten Morgenstunde löschten einige portugiesische Seeleute an der Südwestspitze der Algarve ihre Ladung mit 235 afrikanischen Sklaven.

Die meisten der Gefangenen waren von den Portugiesen in einem afrikanischen Dorf aufgegriffen worden, wobei die Eroberer schrien: ‚Für den Heiligen Jakob, den Heiligen Georg und Portugal!‘ Bei ihrem Überraschungsangriff töteten und raubten sie, so viel sie konnten. Da hätte man sehen können, wie Mütter ihre Kinder, und Männer ihre Frauen zurückließen und jeder zu entkommen versuchte. Manche ertranken, andere glaubten, sich in ihren Hütten verstecken zu können. Welches Herz wäre so hart, beim Anblick dieser Menge nicht von Mitleid ergriffen zu werden?"