Die Kriegshandlungen, im Besonderen die russische Offensive im Herbst 1914, zwangen zehntausende Zivilisten, darunter viele Ruthenen, Bukowiner und Polen, aus dem Gebiet der heutigen Ukraine und benachbarter Gebiete zur Flucht. Auch in den Jahren 1915 und 1916 kam es zu größeren Fluchtbewegungen aus dem Osten. Das Kriegsministerium versuchte, diese Menschen in neu errichteten Lagern im Hinterland unterzubringen. Diese Lager sollten an leistungsfähigen Verkehrslinien gelegen sein - und eine Möglichkeit der Verpflegung und Wasserversorgung sollte gegeben sein. Viele Orte in Österreich winkten ab und wollten absolut keine Flüchtlinge aufnehmen.

In einigen Gemeinden konnten auf Drängen der Statthalter (zu vergleichen mit heutigen Landeshauptleuten) Barackenlager errichtet werden. Auf dem Gebiet des heutigen Niederösterreich entstanden im Laufe des Krieges schließlich mehr als 50 Flüchtlingslager - das größte davon in der Stadtgemeinde Gmünd.

Einfache Ausstattung

Anfang Dezember 1914 lagen die rechtlichen Genehmigungen für die Errichtung eines Flüchtlingslagers südlich von Gmünd vor. Nun musste es vor allem schnell gehen. Unter dem späteren Stadtbaumeister, dem Wiener Johann Fürnsinn, wurden auf einem rund 550.000 m2 großen Areal nach einem rechtwinkeligen Bebauungsplan Holzbaracken errichtet. Bereits im Jänner 1915 konnten die ersten Flüchtlinge in die Unterkünfte einziehen, was zweifellos eine logistische Meisterleistung war. Im September 1915 bestand das Lager aus 120 Wohnbaracken (später wurden es 144) für jeweils 250 Flüchtlinge - insgesamt war also Platz für 30.000 Personen.
Lageplan des k.k. Barackenlagers Gmünd. - © Stadt Gmünd, Haus der Zeitgeschichte
Lageplan des k.k. Barackenlagers Gmünd. - © Stadt Gmünd, Haus der Zeitgeschichte

Diese Belegungszahl wurde aber immer wieder überschritten. Dazu kamen noch Baracken für Verwaltung, Versorgung, Schule, Kirche sowie Wohnraum für Verwaltungspersonal, Lagerräume und Stallungen. Jeder Baracke stand ein Barackenaufseher vor. Die meisten Bewohner waren Ukrainer, aus dem Süden kamen auch Kroaten und Slowenen.

Die Ausstattung der Unterkünfte war sehr einfach: Die Flüchtlinge schliefen, getrennt nach Geschlechtern und Familien, auf Holzpritschen und Strohsäcken. Nur "höher gestellte Flüchtlinge", das waren Akademiker und Fachkräfte, wurden in einer etwas später errichteten "Villenkolonie" untergebracht. Alle Unterkünfte hatten elektrischen Strom, es gab Abwasserkanäle zu einer Kläranlage. Nur die Heizmöglichkeiten waren mangelhaft. Viele der Flüchtenden waren im Lager mit diversen Tätigkeiten beschäftigt, andere konnten außerhalb arbeiten. Es gab auch einige, die in die Altstadt Gmünd betteln gingen.