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Als das Grauen in Auschwitz ein Ende fand

Von Claudia Kuretsidis-Haider

Wissen
Die Eisenbahngeleise, die ins Lager Auschwitz- Birkenau führen.
© ullstein bild/Spiegl

Vor 75 Jahren, am 27. Jänner 1945, wurde das Konzentrationslager durch die Rote Armee befreit. Zur Vor- und Nachgeschichte.


Die Nationalsozialisten errichteten im besetzten Polen in Auschwitz ab Frühjahr 1940 das größte Konzentrations- und Vernichtungslager in ihrem Herrschaftsbereich. Bis zur Befreiung am 27. Jänner 1945 wurden von den mindestens 1,3 Millionen dorthin Deportierten mindestens 1,1 Millionen Menschen ermordet, Eine Million von ihnen waren Jüdinnen und Juden, rund 21.000 Roma und Sinti, 15.000 sowjetische Kriegsgefangene und mehr als 80.000 aus politischen und anderen Gründen nach Auschwitz Deportierte.

Industrielle Tötung

Am 27. April 1940 erteilte der Reichsführer SS Heinrich Himmler den Befehl, ein ehemaliges Kasernengelände in Oswiecim zu einem Konzentrationslager umzubauen. Ursprünglich als Arbeitslager für politische Gefangene aus Polen geplant, wurde es nach Beginn des Zweiten Weltkrieges bald zur Tötungsstätte für Kriegsgefangene aus Polen und im weiteren Verlauf zu einem Ort organisierter Sklavenhaltung und industrieller Massenvernichtung, die als Resultat der Wannsee-Konferenz im Jänner 1942 in der "Endlösung der Judenfrage" gipfelte.

Bereits im Herbst 1941 an sowjetischen Kriegsgefangenen getestet, wurde die Ermordung der Menschen durch Cyanwasserstoff (Zyklon B) von 1942 bis 1944 die am häufigsten angewendete Tötungsmethode.

Am Samstag, den 27. Jänner 1945 morgens erreichten Soldaten der Roten Armee zunächst das tief verschneite KZ Auschwitz III Monowitz. In der Nacht zuvor hatte die SS das letzte Großkrematorium im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gesprengt. Am Nachmittag des bitterkalten Tages schließlich stießen die Truppen bis zum Haupttor des Stammlagers vor. Bis dahin waren mehr als 200 junge Männer im Kampf um die Befreiung von Auschwitz gefallen. Hier, und auch im wenig später befreiten Auschwitz-Birkenau, bot sich den sowjetischen Soldaten ein Bild des Grauens: tote Menschen, apathisch herumliegende Männer und Frauen, auch hunderte Kinder. Insgesamt fanden die Angehörigen der Roten Armee an die 7500 Häftlinge vor. In den Tagen vor der Befreiung waren noch abertausende Gefangene in sogenannten "Todesmärschen" Richtung Westen getrieben worden.

14.000 bis 15.000 der rund 19.000 bis 20.000 österreichischen Häftlinge im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau waren Jüdinnen und Juden. Der am 17. Juli 1942 von Wien abgegangene 32. Transport mit ungefähr 1000 Menschen war der einzige Transport, der - ausgehend vom Aspangbahnhof - direkt nach Auschwitz fuhr. Mehr als 4100 Österreicher wurden von Theresienstadt aus, rund 500 Personen davon in Einzeltransporten, dorthin deportiert. Weiters wurden mehr als 3700 österreichische Juden und Jüdinnen aus Frankreich, rund 350 aus Italien und etwa 260 aus den Niederlanden nach Auschwitz verbracht.

Wie viele Österreicher aus anderen Ländern dorthin deportiert wurden, ist unbekannt. Eine genaue Bezifferung der Gesamtzahl der österreichischen Opfer in Auschwitz ist somit - auch nach den im Zuge des Projekts "Namentliche Erfassung der österreichischen Holocaustopfer" jahrelang betriebenen Recherchen des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes - nicht möglich.

Von den 1500 österreichischen Auschwitz-Überlebenden war nur eine Minderheit jüdisch, wie der Historiker Winfried R. Garscha im Jahrbuch 2019 des DÖW schrieb; das heißt, dass wohl an die 14.000 österreichische Juden und Jüdinnen die Deportation nach Au-schwitz nicht überlebten: Sie wurden in den Gaskammern getötet oder sie fielen den mörderischen Haftbedingungen zum Opfer.

Mit dem Vater ins KZ

Zwei, die die Mordmaschinerie von Auschwitz überlebten, waren Gustav Kleinmann und sein Sohn Fritz. Gustav Kleinmann wurde am 2. Mai 1891 in Saybusch in Oberschlesien (heute Zywiec, Polen) geboren. Mit 15 Jahren kam er nach Wien und ergriff den Beruf des Tapezierers. Im Ersten Weltkrieg wurde er mehrfach verwundet und für seine Tapferkeit ausgezeichnet. 1917 heiratete er Tini Rothenstein, geboren am 2. Jänner 1893 in Wien. Die Eheleute bekamen vier Kinder: Fritz, Edith, Kurt and Hertha.

Seit den 1920er Jahren arbeitete Gustav Kleinmann als Tapezierermeister in der Leopoldstadt. Während der Novemberpogrome 1938 wurde er zusammen mit seinem 1923 geborenen Sohn Fritz verhaftet, verhört und misshandelt, aufgrund seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg allerdings nach kurzer Zeit wieder freigelassen. Ein knappes Jahr später erfolgte am 10. September 1939 die neuerliche Festnahme. Vater und Sohn Kleinmann wurden in das KZ Buchenwald deportiert, wo sie u.a. Zwangsarbeit im Steinbruch leisten mussten. Nach drei Jahren erging der Befehl, Gustav Kleinmann, der von der Sklavenarbeit schwer gezeichnet war, nach Auschwitz zu überstellen. Sein Sohn, der nicht von seinem Vater getrennt werden wollte, meldete sich freiwillig für den Transport.

Die beiden Auschwitz-Überlebenden Gustav (r.) und Fritz Kleinmann.
© Droemer Knaur

1942 kamen beide in das KZ Buna/Monowitz. Gustav Kleinmann galt nach den Nürnberger Gesetzen als "Halbjude", weshalb er in weiterer Folge als "politischer Häftling" eingestuft wurde, was eine weniger schlimme Behandlung durch die SS mit sich brachte. Seine Frau Tini Kleinmann hingegen wurde gemeinsam mit ihrer 22-jährigen Tochter Hertha am 9. Juni 1942 vom Wiener Aspangbahnhof nach Maly Trostinec deportiert und dort sechs Tage später ermordet. Den Kindern Edith und Kurt Kleinmann gelang die Flucht nach Großbritannien bzw. in die USA.

Am 18. Jänner 1945 wurden Gustav und Fritz Kleinmann mit tausenden weiteren Auschwitz-Häftlingen auf einen "Todesmarsch" getrieben und dabei von einander getrennt. Gustav gelangte über das KZ Mittelbau-Dora nach Celle, wo er am 14. April durch die Briten befreit wurde. Nach zehn Tagen machte er sich mit einem Wiener Mithäftling auf den Weg nach Österreich. Fritz Kleinmann erlebte die Befreiung im KZ Gusen II, einem Außenkommando des KZ Mauthausen.

Das befreite Wien der Nachkriegsjahre empfing die ehemals Verfolgten der NS-Herrschaft bekanntlich nicht mit offenen Armen. Gustav Kleinmann gelang es nach 1945 erst nach einem langwierigen Kampf, wieder eine Wohnung zu bekommen. Er heiratete 1948 Olga Steyskal und konnte eine Werkstatt eröffnen. Fritz Kleinmann engagierte sich als Zeitzeuge in Schulen. Seine Lebenserinnerungen liegen gedruckt und in Form von Videofilmen vor: Gemeinsam mit dem Innsbrucker Politikwissenschafter Reinhold Gärtner gab er 1995 die Tagebuchnotizen seines Vaters Gustav Kleinmann über die Haft in Auschwitz heraus ("Doch der Hund will nicht krepieren . . . Tagebuchnotizen aus Auschwitz", Innsbruck University Press). Gustav Kleinmann starb am 1. Mai 1976 in Wien. Sein Sohn Fritz Kleinmann ist am 20. Jänner 2009 verstorben.

Der Schriftsteller und Historiker Jeremy Dronfield war berührt von der Geschichte, dass sich der junge Fritz nicht von seinem Vater trennen wollte - und sich, um bei ihm zu bleiben, auf die Transportliste nach Auschwitz setzen ließ; basierend auf dem Tagebuch von Gustav Kleinmann veröffentlichte er im Sommer 2019 seinen Roman "The Boy Who Followed his Father into Auschwitz: A True Story" (deutsch als "Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte. Eine wahre Geschichte" bei Droemer Knaur erschienen). Dronfield erzählt darin - unterstützt von Edith und Kurt Kleinmann - die außergewöhnliche Geschichte von Gustav und Fritz Kleinmann, denen es gelang, fünf Jahre KZ-Haft gemeinsam zu überleben.

"Engel von Auschwitz"

Die Befreiung am 27. Jänner 1945 nicht erleben durfte die von ihren Mithäftlingen als "Engel von Auschwitz" bezeichnete Ordensschwester Angela Autsch. Sie starb am 23. Dezember 1944 nach einer Bombardierung des Lagers durch US-Luftstreitkräfte.

Am 26. März 1900 als Maria Cäcilia Autsch im westfälischen Röllecken geboren, trat sie mit 33 Jahren in das Kloster der Trinitarierinnenkongregation von Valencia in Mötz in Tirol ein. Als die Nationalsozialisten nach dem "Anschluss" im März 1938 das Kloster beschlagnahmen wollten, kontaktierte Schwester Angela den spanischen Konsul in Wien. Mit der Argumentation, dass sich das Kloster in spanischem Eigentum befinde, konnte die Enteignung verhindert werden. Doch durch ihre Aktivitäten geriet Schwester Angela ins Visier der Gestapo. Nachdem sie sich auch noch kritisch über Hitler geäußert hatte, den sie als "Geißel für Europa" bezeichnete, wurde sie im August 1940 wegen "Beleidigung des Führers" und "Aufwiegelung der Bevölkerung" verhaftet und im Polizeigefangenenhaus Innsbruck brutal verhört.

Angela Autsch, der "Engel von Auschwitz" (1900-1944).
© Auschwitz Museum

Verzweifelte Interventionsversuche der Mutter Oberin der Kongregation scheiterten. Auch die neuerliche Kontaktaufnahme mit dem spanischen Konsul zeitigte keinen Erfolg. Angela Autsch wurde am 29. August 1940 - ohne Gerichtsverfahren - in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert. Im KZ stellte sie sich ungeachtet ihres eigenen Schicksals, getragen von tiefer Religiosität, in den Dienst der Unterstützung ihrer weiblichen Mitgefangenen. Dabei wurde sie immer wieder von den Aufseherinnen schikaniert und befand sich in ständiger Lebensgefahr.

"Alle liebten sie"

Die sozialdemokratische Widerstandskämpferin und spätere Nationalratsabgeordnete Rosa Jochmann sagte über Angela Autsch: "Sehr bald habe ich erkannt, dass sie eine wertvolle Bereicherung für unsern Block war. [. . .] [Sie] wurde die Beraterin und Helferin in jeder Situation. Sie ließ es sich nicht nehmen, die schweren Essenkübel zu holen. Sah sie, dass es einer Frau schwerfiel, die Klos zu reinigen, weil sie krank und schwach war, nahm sie ihr den Eimer aus der Hand und lächelte ihr zu. Und ehe man sich versah, war die Arbeit getan. - Alle liebten sie."

Am 26. März 1942, ihrem 42. Geburtstag, wurde sie nach Auschwitz zum Aufbau des dortigen Frauenlagers überstellt. Sie kam am 16. August 1942 nach Birkenau in den Häftlingskrankenbau, wo sie sich aufopfernd um ihre Mithäftlinge kümmerte. Im Oktober 1942 infizierte sich Schwester Angela mit Flecktyphus und konnte sich von der schweren Erkrankung nicht mehr gänzlich erholen. Im Mai 1943 kam sie als Krankenpflegerin in das SS-Lazarett und musste sich nunmehr der Pflege ihrer Peiniger widmen. Dennoch kümmerte sie sich, soweit es ihr möglich war, auch weiterhin um ihre Mitgefangenen. Am 18. Dezember 1944 waren die I.G. Farbenwerke Ziel eines alliierten Luftangriffes. Angela Autsch erlitt dabei eine lebensgefährliche Verletzung: Sie wurde von einem Granatsplitter getroffen, der sich in ihre Lunge bohrte. Am 23. Dezember 1944 - 35 Tage vor der Befreiung von Auschwitz - versagte ihr Herz nach mehr als vier Jahren KZ-Haft. Von ihr sind zahlreiche Briefe erhalten geblieben, in denen sie, zumeist verschlüsselt, über ihren Alltag und über ihren tiefen Glauben an Gott schrieb.

Im März 1990 leitete das Erzbistum Wien den Seligsprechungsprozess ein. Erst 2018 erkannte ihr Papst Franziskus den heroischen Tugendgrad zu, bezeichnete sie als "verehrungswürdige Dienerin

Gottes" und ebnete so den Weg zu einer möglichen Seligsprechung. Vor kurzem setzte die Literatin, Mundartdichterin und Erwachsenenbildnerin Annemarie Regensburger mit ihrem Buch "Angela Autsch - Der Engel von Auschwitz. Eine literarische Biografie" (Tyrolia Verlag) der Ordensschwester in Romanform ein Denkmal.

Auch wenn der 27. Jänner der Jahrestag der Befreiung der Überlebenden von Auschwitz ist, so darf gerade zu diesem Anlass nicht vergessen werden, danach zu fragen, was mit jenen geschah, die verantwortlich waren für das Morden, für die Vernichtung der Menschen, für die inhumanen Bedingungen. Während sich die Bundesrepublik Deutschland spätestens seit 1963 im Zuge der Frankfurter Auschwitz-Prozesse mit den Tätern auseinandersetzte, blieben die nicht wenigen dort tätigen Österreicher ausgeblendet, und zwar sowohl von der Justiz als auch von der Geschichtsschreibung.

Während etwa die Oberösterreicherin Maria Mandl, Aufseherin in Auschwitz, der vorgeworfen wurde, an Selektionen für die Gaskammern und medizinische Experimente teilgenommen sowie Häftlinge durch Verhungernlassen, Foltern und Erschlagen getötet zu haben, und der Wiener Maximilian Grabner, Leiter der politischen Abteilung des Lagers und damit verantwortlich für die Misshandlung und Tötung durch Giftgas von Häftlingen, im Krakauer Auschwitz-Prozess vom Obersten Polnischen Gericht am 16. Dezember 1947 zum Tode verurteilt und im Jänner 1948 hingerichtet wurden, zeigte die österreichische Justiz bis in die jüngere Vergangenheit nur wenig Interesse an der Ausforschung von mutmaßlichen Tätern und deren strafrechtlicher Verfolgung.

Zwischen 1945 und 1955, als hierzulande Volksgerichte für die Ahndung von NS-Verbrechen zuständig waren, waren Verbrechen in Auschwitz lediglich in 37 Prozessen Verhandlungsgegenstand. In nur zwei Prozessen erging gegen zwei Angehörige des SS-Totenkopf-Sturmbanns ein Urteil, in welchem 18 Monate bzw. vier Jahre Haft verhängt wurden.

Untätigkeit in Österreich

Nach der Abschaffung der Volksgerichtsbarkeit im Jahre 1955 und der Übertragung der Verfolgung von NS-Verbrechen auf die Geschworenengerichtsbarkeit setzte sich die Untätigkeit der österreichischen Justiz fort. Erst die von der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main Ende der 1950er Jahre begonnenen Untersuchungen zum Lagerkomplex Auschwitz führten auch in Österreich zur Einleitung gerichtlicher Vorerhebungen. Den Ausgangspunkt bildete eine vom kommunistischen Widerstandskämpfer, ehemaligen Auschwitz-Häftling und Mitbegründer des Internationalen Auschwitz-Komitees Hermann Langbein 1960 bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebrachte Anzeige gegen den 1942/43 als Lagerarzt in Auschwitz tätig gewesenen Georg Meyer wegen Beihilfe zum Massenmord durch Mitwirkung an Selektionen.

Im Laufe der Zeit trugen die österreichischen Strafverfolgungsbehörden mit unermüdlicher Unterstützung von Hermann Langbein, aber auch von Simon Wiesenthal, Beweise gegen österreichische Tatverdächtige der unteren und mittleren Lagerhierarchie zusammen. Die Zahl der Tatverdächtigen weitete sich in den folgenden Jahren auf über 60 Personen aus.

Prozesse in Wien

Als am 20. Dezember 1963 in Frankfurt der erste Auschwitz-Prozess begann, waren in Österreich die Ermittlungen so weit gediehen, dass man auch hier einen ähnlich großen Prozess erwarten hätte können. Doch nichts dergleichen geschah. Erst 1971 wurde über vier Beschuldigte die Untersuchungshaft verhängt und die Anklage erhoben. Walter Dejaco und Fritz Ertl, die Konstrukteure der Gaskammern in Birkenau, standen schließlich von Jänner bis März 1972 in Wien vor Gericht. Am 10. März 1972 erging ein Freispruch für beide Angeklagte. Nach der Urteilsverkündung wurden antisemitische Flugblätter im Gerichtsgebäude verbreitet und Hermann Langbein wurde als "Judas" bezeichnet.

Nur wenige Wochen später begann der zweite Auschwitz-Prozess in Wien gegen Otto Graf und Franz Wunsch, beide Angehörige des SS-Bewachungs- und Verwaltungspersonals des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Die Staatsanwaltschaft Wien warf ihnen eine Mitbeteiligung an der Tötung von Häftlingen durch Giftgas vor. Am 27. Juni 1972 fällten die Geschworenen auch in diesen beiden Fällen einen Freispruch.

2012 leitete die Staatsanwaltschaft Wels ein Verfahren gegen den ehemaligen Angehörigen der Lagerwachmannschaft Johann Hummel wegen des Verdachts der Beihilfe zum Mord ein. Es ist bisher die letzte Untersuchung der österreichischen Justiz wegen Verbrechen im Lagerkomplex Auschwitz. Der aus dem heutigen Serbien stammende "Volksdeutsche" versah zwischen November 1942 und November 1944 Dienst bei einer Wachkompanie des "SS-Totenkopf-Sturmbannes Auschwitz". Er war damit Teil des Stammpersonals von Birkenau. Während seiner Dienstzeit wurden hunderttausende KZ-Häftlinge ermordet. Von der heimischen Justiz blieb Hummel jahrzehntelang unbehelligt. Erst als engagierte Privatpersonen im Februar 2012 Hummel wegen des Verdachts der Beihilfe zum Massenmord anzeigten, wurden strafrechtliche Ermittlungen aufgenommen.

Nach einer staatsanwaltschaftlichen Einvernahme verschlechterte sich Hummels Gesundheitszustand erheblich und im Oktober 2013 kam ein Gerichtssachverständiger aus Graz zu dem Schluss, dass Hummel nicht mehr prozess- und vernehmungsfähig sei. Auf Weisung der damaligen österreichischen Justizministerin Beatrix Karl wurden die Ermittlungen trotzdem fortgesetzt. Zu einer Anklageerhebung ist es nicht mehr gekommen, da Hummel 2015 verstorben ist.

Claudia Kuretsidis-Haider ist Historikerin und Mitarbeiterin des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW).