Ludwig van Beethoven (1770 bis 1827) litt unter chronischen Magen-Darm-Beschwerden sowie einem fortschreitenden Hörverlust, der in eine Taubheit mündete - aber auch an Hepatitis B, wie Forschende nun herausfanden. Das Wissenschafterteam um Tristan Begg von der britischen University of Cambridge hat das Erbgut aus Haarlocken, die Beethoven zugeordnet werden, entschlüsselt. Dabei erkannten die Forscher auch, dass der Komponist ein genetisches Risiko für Lebererkrankungen mit sich trug. Die Leberzirrhose gilt seit langem als die wahrscheinlichste Ursache für seinen Tod mit nur 56 Jahren. Zudem werfen die neuen Erkenntnisse auch Fragen über seine Abstammung auf.

Im Jahr 1802 hatte Beethoven seinen Arzt gebeten, der Welt nach seinem Tod seine Leiden zu beschreiben. Seitdem wird über den Gesundheitszustand und die Todesursache des großen Mannes debattiert. Zwar konnte keine eindeutige Ursache für seine Taubheit oder seine Magen-Darm-Probleme gefunden werden, doch entdeckten die Forscher eine Reihe von bedeutenden genetischen Risikofaktoren, wie sie im Fachblatt "Current Biology" berichten.

"Unser Hauptziel war es, Licht in Beethovens gesundheitliche Probleme zu bringen, zu denen bekanntlich ein fortschreitender Hörverlust gehörte, der mit Mitte bis Ende 20 einsetzte und schließlich dazu führte, dass er 1818 funktionell taub war", erklärt Johannes Krause vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Schwere Lebererkrankung

Dafür analysierten die Wissenschafter die Erbsubstanz von acht Haarsträhnen, die ursprünglich Beethoven zugeschrieben worden waren. Von fünf Locken, die alle aus den letzten sieben Lebensjahren des Komponisten stammen, gilt der Ursprung als gesichert. Ihre DNA zeige, dass sie einer einzigen Person zugeordnet werden können. "Die genetischen Daten dieser Person weisen auf eine Herkunft hin, die mit der historisch gut erforschten Herkunft Beethovens übereinstimmt", heißt es in der Studie.

Die Untersuchungsergebnisse lassen darauf schließen, dass er zumindest in den Monaten vor seinem Tod auch eine Hepatitis-B-Infektion hatte. "Zusammen mit der genetischen Veranlagung und seinem weit verbreiteten Alkoholkonsum sind dies plausible Erklärungen für Beethovens schwere Lebererkrankung, die schließlich zu seinem Tod führte."

Während die meisten seiner Zeitgenossen laut Aufzeichnungen behaupteten, sein Alkoholkonsum sei für Wiener Verhältnisse des frühen 19. Jahrhunderts mäßig gewesen, sind sich diese Quellen nicht ganz einig, und es dürfte sich immer noch um Alkoholmengen gehandelt haben, von denen man heute weiß, dass sie für die Leber schädlich sind", schreiben die Forscher. "Wenn sein Alkoholkonsum über einen ausreichend langen Zeitraum hinreichend hoch war, stellt die Wechselwirkung mit seinen genetischen Risikofaktoren eine mögliche Erklärung für seine Leberzirrhose dar." Von den Wissenschaftern ausgeschlossen wurde eine chronische Vergiftung, zum Beispiel durch Blei.

Der Floh und die Taubheit

Für den Hörverlust ergaben die Haarproben keine Ursache. Nach wie vor hält sich das Gerücht vom Berliner Floh, der Beethoven während eines Gastspiels am Preußischen Hof gebissen haben soll. Der Rattenfloh galt als Erreger des Flecktyphus, der Auslöser für die Taubheit gewesen sein könnte. Anhaltspunkte dafür gibt es in der aktuellen Studie keinerlei.

Im Rahmen der Untersuchung samt genetischen Vergleichen mit lebenden Nachkommen der Familie des Komponisten in Belgien stellte sich allerdings auch ein Familiengeheimnis heraus. Beethovens Y-Chromosom stimmt mit keinem der fünf heutigen Verwandten überein, die denselben Nachnamen tragen und den genealogischen Aufzeichnungen einen gemeinsamen Vorfahren mit Beethovens väterlicher Linie haben. "Unser Befund deutet auf ein außereheliches Vaterschaftsereignis in seiner väterlichen Linie zwischen der Zeugung von Hendrik van Beethoven in Kampenhout, Belgien, um 1572 und der Zeugung von Ludwig van Beethoven sieben Generationen später, 1770, in Bonn, Deutschland, hin", skizziert Begg. (gral)