Trotz dieses Papstes hört man von Christen, gerade auch in Polen, noch antisemitische Töne...

Das kann man leider nicht auf Polen beschränken, leider ist das noch nicht überwunden. Ich halte es für gut, dass Österreichs Kirche jetzt einen Tag des Judentums hat - in Deutschland ist man noch dabei, das einzuführen.

Wie sehen Sie das Verhältnis zum Judentum vor dem Papstbesuch in Israel im Mai?

Das ist mehr ein Staatsbesuch, der Papst wird in Israel grundsätzlich positiv aufgenommen werden. Das Oberrabbinat in Jerusalem ist momentan nicht so positiv auf christlich-jüdischen Dialog eingestellt. Das gilt aber nicht für das Judentum insgesamt. Ich erinnere an die 2000 in der "New York Times" veröffentlichte Erklärung amerikanischer Juden - "Dabru emet" (Redet Wahrheit) -, die auf die Versuche der Christen, ihr Verhältnis zum Judentum zu klären, eingeht. Dieses Dokument wurde stark rezipiert, in Polen sogar mehr als in Deutschland.

Das Gottesbild des Alten und Neuen Testaments wird oft unterschiedlich empfunden - dort mehr der strafende, hier mehr der liebende Gott. Wie sehen Sie das?

Es ist für das christliche Selbstverständnis wichtig, dass es ein und derselbe Gott ist, der sich in beiden Büchern offenbart hat. Die Grundaussage des Neuen Testaments, die Nächstenliebe, steht auch zentral im Alten Testament im Buch Leviticus: Du sollst Deinen Nächsten lieben, er ist wie du. Die christliche Liebe ist die des Alten und Neuen Testaments.