Bei Untersuchungen der Gletschermumie fanden Forscher viele aussagekräftige Mikroben. - © Südtiroler Archäologiemuseum/Eurac/Samadelli/Staschitz
Bei Untersuchungen der Gletschermumie fanden Forscher viele aussagekräftige Mikroben. - © Südtiroler Archäologiemuseum/Eurac/Samadelli/Staschitz

Berlin. In Mumien, alten Knochen oder lebenden Menschen sucht der Bioinformatiker Thomas Ratteis von der Universität Wien nach mikroskopisch kleinen Verdächtigen. Er und seine Kollegen interessieren sich nämlich für das Heer von Bakterien, Pilzen und anderen Mikroorganismen, die sich den menschlichen Körper als Lebensraum ausgesucht haben. Gemeinsam mit Frank Maixner und Albert Zink vom Eurac Institut für Mumien und den Iceman im italienischen Bozen sind sie im Körper von "Ötzi" auf Spurensuche gegangen. Diesem berühmten "Mann aus dem Eis" konnten Wissenschafter in den letzten Jahren schon viele Geheimnisse entlocken. So hat ein Team um Andreas Keller von der Universität des Saarlandes schon 2012 das Genom von Ötzi entschlüsselt.

Optimale Lagerung?


Die Probe enthielt auch das Erbgut seiner mikrobiellen Mitbewohner. "Bei solchen Studien sequenziert man zwangsläufig auch DNA von Bakterien, Pilzen und anderen Mikroorganismen mit", erklärt Rattei. Dieses fremde Erbgut hat er nun genauer untersucht. Am Computer hat er die DNA-Sequenzen mit denen von Bakterien verglichen, deren Bausteinfolgen schon bekannt sind. So lassen sich mögliche Verdächtige zunächst einkreisen und dann überführen.

Sicher identifiziert haben die Mikroben-Fahnder etwa das Erbmaterial von Clostridien. Diese Bakterien kommen so gut wie überall vor - vom Boden bis zum Verdauungstrakt. Anders als Ötzis eigene DNA, die der Zahn der Zeit schon kräftig zernagt hat, zeigt das Clostridien-Erbgut kaum Spuren von Zersetzung. Nur mit weiteren Experimenten lässt sich klären, ob die Mikroben noch leben. Das aber wäre für Ötzis Zukunft eine hochinteressante Information. Derzeit liegt die Mumie in einer Kühlkammer im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen, wo die Bedingungen im Gletscher simuliert werden, die den Körper so lange Zeit konserviert haben.

Experten diskutieren darüber, ob man ihn künftig nicht in einer Stickstoffatmosphäre aufbewahren sollte. Das würde verschiedene Bakterien am Wachsen hindern. Doch könnte das die Clostridien aufwecken, die nur ohne Sauerstoff wachsen können. "Wenn man die Konservierungsbedingungen ändern will, sollte man Ötzi auf jeden Fall mikrobiologisch überwachen", so Rattei. Damit nicht ein paar Bakterien in kurzer Zeit das zerstören, was über so viele Jahrtausende erhalten blieb.