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Ein Museum für Sigmund Freud

Von Eva Stanzl

Wissen
Komplett mit Cafe, Ausstellungsfläche und Bibliothek: Das neue Freud Museum in Wien.
© SFM/Spiegelfeld

Umbaukonzept soll aus Gründerzeit-Wohnungen einen modernen Ausstellungsraum machen.


Wien. Im Museum in den ehemaligen Wohn- und Praxisräumen des Hauses Berggasse 19 drängen sich Besucher aus dem In- und Ausland, um den Geist Sigmund Freuds zu inhalieren. Im Stock darüber sitzen unterdessen Journalisten in einer leeren Privatwohnung, deren Renovierungsbedürftigkeit ins Auge sticht. Abgetretene Sternparkette, an den Wänden Walzenmuster, die an ewig wiederkehrende Tannenzapfen erinnern. Wirkt nicht wirklich wie der Ort, an dem der Vater der Psychoanalyse 47 Jahre lang gewirkt hat, bis zur Emigration nach London 1938.

Am Mittwoch präsentierte die Museumsleitung ein Umbau- und Renovierungskonzept, das die Gründerzeit-Gedenkstätte in die Gegenwart führen soll. Dass Gründerzeithaus mache zwar viel vom "Flair" des von der unabhängigen Sigmund Freud Privatstiftung geführten Hauses aus, mit einem modernen Museumsbetrieb sei es im aktuellen Zustand allerdings nur bedingt vereinbar, erklärte Direktorin Monika Pessler.

Das Konzept des Architekten Markus Spiegelfeld soll aus den zum Ausstellungsort umfunktionierten 280 Quadratmetern Wohnfläche bis 2020 ein modernes Museum mit Lift und 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche machen. Im Erdgeschoß sollen sich ein Café, Werkstätten und ein Shop befinden. Im Halbstock, wo der Vater der Psychoanalyse zu ordinieren begann, soll Konzeptkunst aus der Sammlung der Sigmund Freud Privatstiftung gezeigt werden. "Wechselausstellungen und die Dauerausstellung werden wie jetzt im ersten Stock zu sehen sein, jedoch in adaptierten Räumen. Hier im zweiten Stock soll die Bibliothek sein", erklärte Pessler. Statt dem Tannenzapfen-Walzenmuster kommen Bücherwände, gefüllt mit der zweitgrößten Sammlung von Schriften zur Psychoanalyse. Sie ist Anna Freud zu verdanken, die ihre Freunde zu Bücherspenden aufrief, und sie soll zum Diskurs einladen.

"Natürlich kann man heute nicht mehr nach einer Landkarte aus dem 19. Jahrhundert reisen", sagte August Ruhs, Präsident der Dachgesellschaft psychoanalytischer Vereinigungen Österreichs, in Anspielung darauf, dass manche Ideen der Psychoanalyse heute vielleicht überholt sein mögen. "Aber Tradition besteht nicht im Halten der Asche, sondern in der Weitergabe der Flammen." Pessler will "die vielfältige Geschichte des Hauses Berggasse 19 wie eine Zwiebel entschälen". Der Leere, die durch das Fehlen von Freuds Couch im ehemaligen Behandlungsraum entstanden ist, soll in der neuen Dauerausstellung besondere Bedeutung zukommen. Auch politischen Themen will man Platz einräumen: "Sigmund Freud lenkte die Aufmerksamkeit auf unbewusste Faktoren, die ausschlaggebend sind für Entscheidungen. Man könnte anfangen, in sozialwissenschaftlichen Diskussionen zu hinterfragen, was uns dazu bringt den Humanismus hochzuhalten", sagte die Direktorin.

Kosten: 5,07 Millionen Euro

Schon in der Vergangenheit existierte ein Konzept zur Museumserneuerung, eine Verwirklichung scheiterte jedoch an der Finanzierung. Von der ehemaligen Direktorin Inge Scholz-Strasser beauftragte Pläne sahen vor, den Hof mit einzubeziehen. Die neuen Ideen seien "eine abgeschlankte Version", sagte der kaufmännische Leiter Peter Noemeier. Der Kostenpunkt wären 5,07 Millionen Euro.

Eine erste Zusage habe der Kulturminister gegeben. "Kulturminister Thomas Drozda setzte vor wenigen Tagen einen ersten großen Schritt und sagte zu, ein Drittel der Gesamtkosten - vorzugsweise gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium - zu übernehmen. Dies unter der Maßgabe, dass sich die Stadt Wien entsprechend an der Finanzierung des Vorhabens beteiligt", betonte Noemeier bei der Pressekonferenz, und: "Die Kulturabteilung der Stadt Wien sendet positive Signale, eine definitive Entscheidung steht allerdings noch aus."

Problematisch sei vor allem, dass die Räumlichkeiten dem Besucherandrang immer weniger gewachsen sind: 91.322 Besucher verzeichnete das "Wohnhaus" 2015, Tendenz steigend. Die Besucher brachten 870.000 Euro an Einnahmen. Hinzu kommen 350.000 Euro öffentliche Mittel plus Veranstaltungsförderungen und Sponsorgelder, woraus sich ein Jahresbudget von 1,4 Millionen - mit einem hohen Eigenfinanzierungsgrad - ergibt.