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Planeten, auf denen Leben entstehen könnte

Von Eva Stanzl

Wissen
1400 Lichtjahre entfernt, älter und etwas größer als die Erde und ein aussichtsreicher Kandidat: Kepler 452b (rechts) bietet Voraussetzungen wie die Erde.
© Nasa/jpl-caltech

Britische Forscher entdeckten auch auf anderen Planeten die chemischen Grundlagen für die Entwicklung von Leben.


Mehr als 4000 Planeten um andere Sterne wurden bisher entdeckt. Allein im sichtbaren Universum kreisen unvorstellbare 700 Millionen Trillionen dieser Himmelskörper. Die Jagd nach extraterrestrischem Leben gleicht der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Schon allein wegen der enormen Distanzen bloß in unserer Galaxie muss ein ungeheurer technischer Aufwand betrieben werden, um etwaige Spuren von Leben zu messen.

Sauerstoff, Wasserstoff und Methan in Planeten-Atmosphären gelten als Zeichen für das Vorhandensein von wie auch immer gearteten Lebensformen. Die in Lichtjahren gemessene Entfernung verrät das Alter der Himmelskörper. Selbst wenn wir also andere, kleine, felsige Planeten wie die Erde mit den nötigen atmosphärischen Komponenten finden, könnte deren Ursache schon Vergangenheit sein.

Die Bausteine der Zellen

Um der Sisyphos-Arbeit ein Ende zu setzen, zäumen britische Wissenschafter das Pferd von der anderen Seite auf. Sie ergründen das Geheimnis Leben an sich. Wenn wir die chemischen Reaktionen finden, aus es sich zusammenkocht, könnten wir sämtliche teleskopischen Daten zu Exoplaneten gezielter unter die Lupe nehmen, betonen sie. Mehr als 4000 bestätigte Exoplaneten könnten umgehend entweder intensiver beforscht oder von der Liste der erdähnlichen Himmelskörper gestrichen werden. Eine Grundlage der im Fachmagazin "Science Advances" veröffentlichten Studie ist die Erkenntnis, dass die Bildung von Leben vom UV-Licht abhängt, das eine Sonne an ihre Planeten abstrahlt. Zwar passieren auch im Dunklen chemische Rektionen. Jedoch erzeugen diese nicht die nötigen Zutaten für komplexes Leben. Das UV-Licht der Sonne setze hingegen eine Serie von chemischen Reaktionen frei, die die nötigen Bausteine formen. Sonnenähnliche Sterne, die genug Licht in den richtigen Wellenlängen abgeben, könnten das Leben kickstarten.

Von welchen chemischen Reaktionen ist die Rede? Zuvor hatte Ko-Autor John Sutherland vom Medical Research Council die chemischen Ursprünge des Lebens auf der Erde untersucht und entdeckt, dass toxische Blausäure eine Schlüsselzutat der Ursuppe war, der alles entsprang. Meteoriten, die auf die junge Erde einschlugen, hatten Kohlenstoff mitgebracht. Dieser reagierte in der Erdatmosphäre mit Stickstoff und bildete Blausäure. Sie regnete es zur Erde hinab und reagierte mit anderen Elementen am Boden. Das UV-Licht der Sonne trieb den Prozess an. Die Chemikalien, die dabei entstanden, erzeugten die Bausteine für Ribonukleinsäure (RNA) - eine Verwandte der DNA und das erste Molekül des Lebens, das Information trug und weitergab.

Auf Anregung des Astronomen Paul Rimmer von den Cavendish-Labors in Cambridge spielten Sutherland und sein Team die chemischen Reaktionen im Labor mit UV-Lampen nach, die das Licht der Sonne simulierten. Heraus kamen Vorläufer von Lipiden (Fetten), Aminosäuren (Proteinen), Zucker und Nukleotiden. Alle sind Bausteine von Nukleinsäuren, die sowohl in RNA- als auch DNA-Strängen vorkommen, und damit grundlegende Zutaten für lebende Zellen. Zum Test wiederholte das Team sein Experiment ohne Licht. Im Dunklen bildete sich eine reaktionsträge Verbindung, aus der kein Leben entstand.

Die Forscher verglichen ihre Ergebnisse mit dem UV-Licht verschiedener Sterne. Sie kartierten, wie viel Licht die Planeten in ihrem Orbit abbekommen, und rechneten aus, ob die lebensspendende Chemie in Gang kommen könne. Nur Sterne von der Temperatur unserer Sonne konnten die chemischen Bausteine für Leben bilden. "Wir können die Suche danach im All somit auf die chancenreichsten Objekte eingrenzen", sagt Erstautor Rimmer.

Das Team machte eine Gruppe von Exoplaneten aus mit denselben chemischen Voraussetzungen wie die Erde am Beginn des Lebens. Zu ihnen zählen eine Reihe von Felsplaneten, die das Kepler-Teleskop der Nasa entdeckt hat. Insbesondere Kepler 452b, der als "größerer und älterer Cousin" der Erde bezeichnet wird, gilt als aussichtsreich. Er kreist in der bewohnbaren Zone um den sonnenartigen Stern Kepler-452 und könnte flüssiges Wasser beherbergen - allerdings 1400 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Schlüsselfrage nach Wasser

"Es ist eine entscheidende Erkenntnis, um bei der Suche nach Leben im All weiterzukommen. Sterne, die kalt sind, strahlen nicht genug Licht ab, als dass sich seine grundlegenden Bausteine bilden könnten. Das trifft etwa zu für Trappist-1 - ein Stern, der der Erde zwar nahe, aber zu kühl ist" sagt der Exoplaneten-Forscher Luca Fossati vom Institut für Weltraumforschung der Akademie der Wissenschaften in Graz, der nicht an der Studie beteiligt war.

"Allerdings wissen wir noch nicht, unter welchen Umständen diese Bausteine tatsächlich Leben hervorbringen", räumt Fossati ein: "Es ist ein bisschen, wie wenn man das gesamte Baumaterial - Ziegel, Mörtel, Mischmaschine und Kelle - auf seinem Grundstück hat, aber nicht weiß, wie man ein Haus erbauen muss." Wenn die Forscher mit ihren Experimenten richtig liegen, handle es sich jedoch um "eine außergewöhnlich wichtige Erkenntnis, die Aufschluss gibt über unsere eigenen Ursprünge und den Weg weist für die Suche nach Leben im All".

Diesen Weg müssen viele Forschungsgruppen gemeinsam gehen. Denn in der komplexen Entschlüsselung des Lebens im Universum hängen alle Ergebnisse zusammen. Erst vergangene Woche fand ein italienisches Team eine Überraschung auf dem Mars: Es entdeckte einen unterirdischen See aus flüssigem Wasser auf unsrem Nachbarplaneten. Der 20 Kilometer breite See liegt demnach 1,5 Kilometer unter dem Eis des Mars-Südpols, berichtete das Team vom Institut für Astrophysik in Bologna. Anzeichen für Leben im Marssee ließen sich allerdings aus Radarbeobachtungen vorerst nicht ablesen. "Wenn es Leben in diesem See gibt, dann existiert es fast sicherlich auch anderswo. Denn dann ist es wirklich einfach, Leben zu entwickeln", betont Fossati.

Die Entdeckung legt außerdem nahe, dass anderes Leben genau so aufgebaut sein könnte, wie wir es kennen. Möglicherweise sieht es anders aus, doch die chemische und biologische Basis wäre dieselbe. "Freilich könnte man alle chemischen Bausteine über Milliarden von Jahren vermischen, ohne dass etwas passiert", räumt Rimmer ein. "Aber wir wollen uns Orte anschauen, wo wenigstens die Grundlagen stimmen."

Auszug ins All auf Probe

Zur Vorbereitung probt die Menschheit den Auszug ins All. In Omans Wüste stellen Astronauten das Leben auf dem Mars nach, auf der Internationalen Raumstation ISS testen sie die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Körper. Wir wollen erkunden, erkennen, begegnen - und kolonisieren.

Um die Reise zum nächstgelegenen Planeten jenseits unseres Sonnensystems zu überleben, müssten aber mindestens 49 Paare an Bord gehen. So viele sind nötig, damit eine genetisch gesunde Bevölkerung die 6300 Jahre lange Reise zum nächsten bekannten Exoplaneten Proxima Centauri b übersteht.