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Der Corona-Krise folgt die Dürre

Von Eva Stanzl

Wissen

Die Wälder trocknen aus: Ohne Regen im Mai droht laut Experten eine Dürre im Sommer.


Der strahlende Frühling lässt die strengen Ausgangsbeschränkungen in einem milderen Licht erscheinen, denn die wärmenden Sonnestrahlen machen das erlaubte Spazieren zu einem besonderen Vergnügen. Die Natur würde jedoch zum gedeihlichen Wachstum mehr Regen benötigen. Dieser Frühling ist einer der wärmsten und trockensten der Messgeschichte und wenn sich das nicht ändert, könnte der Corona-Krise eine Dürre folgen.

"Österreichweit gab es seit dem Start des meteorologischen Frühlings am 1. März um 50 Prozent weniger Niederschläge als im Durchschnitt. Es ist deutlich zu trocken und um 1,7 Grad Celsius zu warm mit viel Sonnenschein", sagt Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik zur "Wiener Zeitung".

Generell erhöht eine Kombination von Trockenheit und Wärme das Ausmaß der Feuchtigkeitsverdunstung aus dem Boden, insbesondere wenn sich - wie jetzt - das Problem mit der Zeit aufbaut. "Schon der erste Monat des Jahres war stellenweise um 2,6 Grad Celsius wärmer als ein durchschnittlicher Jänner, bei 60 Prozent weniger Niederschlägen", erklärt Orlik. Im Februar regnete es nur im westlichen Niederösterreich, in Oberösterreich und in Salzburg um 30 Prozent mehr als im Mittel. Kärnten, die Weststeiermark, das östliche Niederösterreich und das Burgenland blieben trocken. Es folgte der trockene und in den ersten zwei Dritteln zu warme März. "Die Vegetation startete heuer früh, doch jetzt fehlt der Regen, der sie gedeihen lässt", warnt der Experte vor größerem Übel: "Wenn es im Mai nicht deutlich niederschlagsreicher wird, werden wir im Sommer kaum ohne gröbere Schäden durchkommen."

Eine Studie des Klimawandeldienstes des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus gibt Einblicke in den Ernst der Lage, zumal das Vorjahr, 2019, das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen war. 11 der 12 wärmsten Jahre Europas traten nach 2000 auf, drei Hitzewellen sorgten für neue Temperaturrekorde und jene vergangenen Sommer für eine Rekordschmelze der Grönland-Eisdecke. "Langfristig verdeutlicht sich der Erwärmungstrend", berichtet der Klimawandeldienst.

Weniger Niederschläge und zahlreiche Waldbrände

Mit der Trockenheit steigt die Waldbrandgefahr. Auch Österreich, wo solche Ereignisse historisch selten vorkommen, könnte zur Waldbrandregion werden. "Allein im April zählten wir bisher mehr als 70 Waldbrände und im Jahr 2020 insgesamt 121, obwohl durch die Ausgangssperren weniger Menschen, die ja die Brände zumeist entfachen, unterwegs waren", sagt Harald Vacik vom Institut für Waldbau an der Universität für Bodenkultur in Wien. Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr 2019 hat der heimische Wald 235 Mal und damit weniger als doppelt so oft als heuer in den ersten dreieinhalb Monaten gebrannt, da Regen im Mai im Vorjahr die Feuchtigkeitsbilanz etwas verbessert hat. "70 Brände machen diesen April zu einem der brandintensivsten der vergangenen 25 Jahre", sagt Vacik. "Wir werden uns auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen müssen, wenn die Niederschläge zu gering sind, um die Böden zu durchfeuchten."

Trocknen die Wälder aus? Im Grunde ja. "Insbesondere im Wald- und Mühlviertel regnet es seit Jahren unter dem Durchschnitt. Dadurch werden die die Böden in ihrer Tiefe immer trockener", betont Norbert Putzgruber, Leiter Waldbau und Nachhaltigkeit der Österreichischen Bundesforste. "Ein Wald ist am widerstandsfähigsten, wenn er sich an seinem Standort wohlfühlt", erklärt er. Suboptimale Bedingungen schwächen ihn. Schwarzkiefernbestände werden bei Mangelerscheinungen anfällig für Pilzbefall. Der Borkenkäfer hat ein leichtes Spiel mit den Fichten. Bei anhaltender Wärme schafft der Schädling drei bis vier Generationen, die sich exponentiell vermehren. "Mit herkömmlichen Mitteln sind wir kaum in der Lage, diese Massenvermehrung zu beherrschen", räumt der Waldbau-Experte ein. Vom Klimawandel sind alle Baumarten betroffen.

Als vor etwa hundert Jahren im Wald- und Mühlviertel Fichten gesetzt wurden, war von Erwärmung noch keine Rede. Jetzt aber lebt das Kieferngewächs am Rande seiner natürlichen Klimazone. Daher wird versucht, tiefer wurzelnde Tannenbäume dazuzusetzen. "Wegen der Erwärmung müssen wir Reinbestände reduzieren", erklärt Putzgruber. In den Buchenwäldern des Wienerwalds wachsen aus genau diesem Grund zunehmend hitzebeständige Eichen.