Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Verfügbarkeit von Wasser könnten laut einer Studie unter der Leitung des Wiener Hydrologen Günter Blöschl deutlich unterschätzt worden sein. Die im Fachjournal "Nature Water" erschienenen Analyse auf Basis von Messdaten aus 9.500 hydrologischen Einzugsgebieten weltweit zeigt, dass die Flusssysteme empfindlicher auf die Änderungen reagieren als angenommen.

Das Team um Blöschl und Yongqiang Zhang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften trug Messdaten zum Wasserabfluss aus allen Weltgegenden zusammen. Ziel war, diese Informationen mit Daten zu Niederschlägen, Sonneneinstrahlung und anderen meteorologischen Einflussfaktoren großflächig zu vergleichen.

"Die Neuerung ist, dass man nicht einfach aus dem Niederschlag mit einem vorgegebenen Modell ausrechnet, wie viel Abfluss es am Ende dieses Jahrhunderts geben wird. Sondern wie befragen die Messungen selbst", erklärt der Wissenschafter vom Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie der Technischen Universität (TU) Wien.

In Klimamodellen auf physikalischer Basis, an denen sich auch der Weltklimarat IPCC orientiert, werde aus den Regen- auf die Wasserabflussmengen geschlossen. Zwischen diesen beiden Punkten lägen jedoch viele Einflussfaktoren. Einfach einen Wert für alle Regionen anzunehmen, liefere keine Ergebnisse, die den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Unter anderem nähmen die Speicherfähigkeit der Böden oder die lokale Vegetation einen starken Einfluss.

"Ungeheuer viel ist weg"

Auf der Basis ihrer Daten darüber, was welche Änderung regional in der Vergangenheit bewirkt hat, stellten die Forscher Prognosen bis zum Jahr 2050 an. Dabei zeigte sich, dass im Schnitt mit weniger verfügbarem Wasser in Flüssen zu rechnen ist, als es die Klimamodelle vorhersagen. So lasse sich darauf schließen, dass viele Systeme deutlich sensibler auf Veränderungen reagieren als angenommen. "Unsere Schätzung weist auf die Möglichkeit hin, dass eine zukünftige Wasserkrise schwerwiegender sein könnte als erwartet", schreibt das Team.

Vor allem in Nordamerika, Teilen Asiens, Afrika und Australien seit die Wasserknappheit unterschätzt worden. Prognostiziert der IPCC für eine Region ein Minus von um die zehn Prozent bei den Abflussmengen, sind es sehr vereinfacht ausgedrückt den neuen Analysen zufolge eher 20 Prozent.

Für Europa blieben die Prognosen im neuen Modell mehr oder weniger gleich. Auch in Österreich werde sich die Niederschlagsmenge in der Jahres-Gesamtbilanz voraussichtlich nicht stark verändern, auch aufgrund von Verschiebungen über die Jahreszeiten. Der wichtigste Faktor für die Wasserverfügbarkeit sei allerdings die Verdunstung, die vor allem in den flachen Regionen im Südosten Österreichs durch die höheren Temperaturen und mehr Sonneneinstrahlung zunehmen werde, sagt Blöschl.

In den vergangenen 50 Jahren alleine stieg die gemessene Verdunstung landesweit um 17 Prozent an. Diese jährlich fehlende Menge entspreche dem gesamten Wasser, das weltweit pro Jahr von Menschen getrunken wird, betonte der Forscher, der damit rechnet, dass sich diese Entwicklung bis zum Jahr 2100 noch verstärken wird: "Das ist ungeheuer viel Wasser, das weg ist." Für Blöschl ist klar, dass sich für künftige Abschätzungen Hydrologen und Klimaforscher besser vernetzen sollten, um zu belastbareren Daten zu kommen. "Was das Wasser im Boden tut", müsse in die Berechnungen eingehen.(apa/est)